Ein typischer und eigentlich einfacher Fall: Eine Immobilie, die den Ehehatten zu je 50 Prozent gehört, wird vom Ehemann (ganz oder teilweise) betrieblich genutzt. Er erzielt umsatzsteuerpflichtige Umsätze und ist an einem Vorsteuerabzug aus den Baukosten und den laufenden Aufwendungen interessiert. Die Nutzung erfolgt ohne Entgelt. Hand aufs Herz: Trauen Sie sich zu, diesen Fall
- ertragsteuerlich,
- bilanzsteuerrechtlich und
- umsatzsteuerrechtlich
hinreichend zu beraten? Ich halte den Fall nach der derzeitigen Rechtslage für so gut wie nicht mehr beratungsfähig.
Schauen wir zunächst auf die Einkommensteuer: Hier ist das BFH-Urteil vom 6.12.2017 (VI R 41/15) zu beachten. Danach gilt: Nutzt ein Miteigentümer allein eine Wohnung zu beruflichen Zwecken, kann er AfA und Schuldzinsen nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil als Werbungskosten geltend machen, wenn die Darlehen zum Erwerb der Wohnung gemeinsam aufgenommen wurden und Zins und Tilgung von einem gemeinsamen Konto beglichen werden. Das Urteil ist auf den betrieblichen Bereich übertragbar. Wenn Sie das Urteil eindringlich studieren, werden Sie feststellen, dass Sie mehrere Fälle unterscheiden müssen. Beispiel: Handelt es sich um ein Arbeitszimmer im häuslichen Bereich oder eine Arbeitswohnung? Wer hat die Aufwendungen nachweislich getragen? Von welchem Konto wurden sie beglichen? Handelt es sich um nutzungsorientierte oder grundstücksorientierte Aufwendungen? Und, und, und.
Gehen wir weiter zum Bilanzsteuerrecht: Mit Urteil vom 9.3.2016 (X R 46/16) hat der BFH zur Behandlung des eigenen Aufwands des Betriebsinhabers für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück entschieden. Das BMF hat am 16.12.2016 (BStBl 2016 I S.1431) zu der Entscheidung Stellung bezogen. Danach gilt: Errichtet der Betriebsinhaber mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte – sofern keine abweichenden Vereinbarungen zwischen den Eheleuten getroffen werden – sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Die Wirtschaftsgüter sind beim Nichtunternehmer-Ehegatten grundsätzlich Privatvermögen. Die vom Betriebsinhaber getragenen Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes, die auf den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten entfallen, sind als eigener Aufwand nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen als Betriebsausgaben abzuziehen. Sie sind – bei Gewinnermittlung nach § 4 Absatz 1, § 5 EStG – in einem Aufwandsverteilungsposten in der Bilanz abzubilden. Aber auch hier gilt: Es kommt auf die eigenen Mittel an. Und da stellen sich wieder die obigen Fragen nach gemeinschaftlichen Konten und, und, und.
Und nun kommt noch die aktuelle umsatzsteuerliche Entscheidung zur Bruchteilsgemeinschaft hinzu. Danach kann eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer sein. Stattdessen erbringen die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig von ihnen zu versteuernde Leistungen (BFH-Urteil vom 22.11.2018, V R 65/17). Die Tragweite des Urteils und seine Einordnung können noch gar nicht wirklich abgeschätzt werden.
Fazit: Bei der Beratung von Ehegatten-Grundstücksgemeinschaften sind die einkommensteuerlichen und bilanzsteuerlichen Fragen zuweilen recht schwierig zu beantworten. Nun kommt noch eine „fragliche“ umsatzsteuerliche Rechtslage hinzu. Das heißt etwa: Muss der einzelne Gemeinschafter für den Vorsteuerabzug Adressat der Rechnungen sein?
Übrigens: Wer glaubt, nun locker von der Bruchteilsgemeinschaft in die GbR wechseln zu können, um den obigen Fragen zu entgehen, sollte höllisch aufpassen, dass er keine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG auslöst (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.10.2018, 1 K 1854/18). Auch dieses Urteil zeigt, wie schwierig die Beratung von Ehegatten-Grundstücksgemeinschaften sein kann.
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