Unter einer inkongruenten Gewinnausschüttung versteht man eine Ausschüttung, die nicht in Übereinstimmung mit den Beteiligungsverhältnissen an der GmbH erfolgt. Der Fiskus wittert dabei häufig einen Gestaltungsmissbrauch.
So war es auch aktuell in einem Fall vor dem FG Köln. Hier war der Kläger (Bruder) gemeinsam mit seinen beiden Schwestern zu (nahezu) gleichen Anteilen an einer GmbH beteiligt. Mit einstimmigem Beschluss der Gesellschafterversammlung wurde eine offene Gewinnausschüttung in einem nicht kleinen sechsstelligen Bereich beschlossen, die aber mangels ausreichender Substanz nur den beiden Schwestern zufließen sollte.
Das Finanzamt war jedoch der Meinung, dass eine inkongruente Gewinnausschüttung nicht anzuerkennen ist und versteuerte jeweils ein Drittel der Ausschüttung bei den jeweiligen Gesellschaftern. Dagegen richtete sich die verständliche Klage, denn der Bruder sollte nun etwas versteuern, was er gar nicht erhalten hatte.
Mit Urteil vom 14.9.2016 (Az: 9 K 1560/14) gaben die kölschen Richter dem klagendem Bruder recht und stellten fest, dass auch eine inkongruente Gewinnausschüttung steuerlich sehr wohl anzuerkennen ist, sofern kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt. Damit folgen die Richter auch nur dem Gesetz der Logik, denn immerhin werden verdeckte Gewinnausschüttungen sehr häufig disquotal und damit inkongruent zum Verhältnis der Gesellschaftsanteile verteilt, ohne dass bislang jemand auf die Idee gekommen wäre, die verdeckte Gewinnausschüttung an nur einen Gesellschafter anteilig allen Anteilseignern zurechnen zu wollen.
Neben dem Gesetz der Logik gibt es aber auch noch weitere Argumente für die Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung. So hat bereits der BFH in einer Entscheidung aus 1999 (Az: I R 77/96) klargestellt, dass von den Beteiligungsverhältnissen abweichende (also eben inkongruente) Gewinnausschüttungen (und sogar darauf folgende inkongruente Wiedereinlagen) steuerrechtlich anzuerkennen sind und grundsätzlich auch dann keinen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO darstellen, wenn andere als steuerliche Gründe für solche Maßnahmen nicht erkennbar sind. Dies entspricht mittlerweile seiner ständigen Rechtsprechung, weshalb die Finanzverwaltung bestimmte inkongruente Ausschüttungen auch anerkennt.
Allerdings hat das BMF in seinem Erlass vom 17.12.2013 geregelt, dass die steuerliche Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung voraussetzt, dass eine vom Anteil am Grund- oder Stammkapital abweichende Gewinnverteilung zivilrechtlich wirksam bestimmt ist. Dies soll nach der Verwaltungsauffassung nur dann der Fall sein, wenn entweder bereits die Satzung eine andere Verteilung vorsieht oder in der Satzung anstelle eines konkreten Verteilungsmaßstabs eine Klausel vorhanden ist, nach der alljährlich mit Zustimmung der beeinträchtigten Gesellschafter oder einstimmig über eine von der satzungsmäßigen Regelung abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden kann, und der Beschluss mit der in der Satzung bestimmten Mehrheit gefasst worden ist.
Auf Basis dieser Verwaltungsanweisung entstand im vorliegenden Fall nun der Steuerstreit. Tatsächlich war in der Satzung der GmbH nämlich nur eine Gewinnbeteiligung nach Maßgabe der Geschäftsanteile vorgesehen. Andere Regelungen fanden sich nicht im Gesellschaftsvertrag. Dies sieht das FG Köln jedoch nicht als schädlich an, weil dadurch die zivilrechtliche Wirksamkeit des einstimmigen Gesellschafterbeschlusses nicht ausgehebelt wird.
Trotz der Logik der kölschen Entscheidung sowie der argumentativen Untermauerung möchte der Fiskus an seiner Verwaltungsauffassung festhalten. Unter dem Aktenzeichen VIII R 28/16 muss sich daher der BFH nun mit der Problematik beschäftigen.
Weitere Informationen:
- FG Köln, Urteil vom 14.09.2016 – 9 K 1560/14
- Verfahrensverlauf | BFH – VIII R 28/16 (per 21.12.2016), siehe NWB News vom 18.10.2016
- BFH, Urteil vom 19.08.1999 – I R 77/96
- BMF, Schreiben vom 17.12.2013