Immobilienkonzern Accentro unter Druck: Kein Sommerloch in Sicht

Der nächste Immobilienkonzern hat Ärger mit der BaFin. Wen es diesmal trifft? Die Accentro Real Estate AG. Für das Unternehmen kommt das zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Der Immobilienkonzern steckt mitten in der Restrukturierung und verhandelt mit Gläubigern über Zinsstundungen für ausstehende Anleihen. Kein guter Zeitpunkt für Verhandlungen.

Die Veröffentlichung des Geschäftsberichtes 2023 steht auch noch aus. Dazu informierte das Unternehmen in einer Pressemitteilung vom 22. April 2024 wie folgt: „Die Prüfer sehen sich derzeit zeitlich nicht in der Lage die Prüfung abzuschließen.“ Was ist darunter zu verstehen? Gute Frage. Leider gibt Accentro dazu keine näheren Informationen.

Die Bewertung der als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien ist einer der Prüfungsschwerpunkte der BaFin in diesem Jahr, die vor allem in den IFRS-Bilanzen von Immobilienkonzernen einen wesentlichen Anteil des Gesamtvermögens ausmachen. Geht es auch bei Accentro darum? Die Antwort gibt es in diesem Beitrag.

Was die BaFin prüfen will

Wie die BaFin Accentro ausgewählt hat? Nicht zufällig. Denn es handelt sich nicht um eine Stichprobenprüfung, sondern eine Anlassprüfung. Darüber kann die BaFin seit dem Wirecard-Skandal bereits dann berichten, wenn die Prüfung eingeleitet wurde. Und Anlassprüfung bedeutet, dass der BaFin Anhaltspunkte für Fehler in der Rechnungslegung vorliegen. Doch dazu später mehr. Anders als zu erwarten, geht es nicht um die Bewertung der als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien.

Die BaFin will bei Accentro die Forderungen genauer unter die Lupe nehmen. Genauer gesagt geht es um die Frage, ob die Gesellschaft in den Geschäftsberichten 2021 und 2022 eine Wertberichtigung auf eine Kaufpreisrückforderung hätte vornehmen müssen. Diese betrafen die Rückabwicklung des Erwerbs der DIM Holding AG sowie Darlehensansprüche gegenüber der Verkäuferin. In beiden Abschlüssen hatte Accentro die Kaufpreisrückforderung inkl. Zinsen in Höhe von 15,8 Mio. € und das Darlehen inkl. Zinsen in Höhe von 3,1 Mio. € bilanziert.

Wie Accentro darauf reagiert

Schnell. Am selben Tag, an dem die Mitteilung der BaFin über die Prüfungsanordnung veröffentlicht wurde. Wie bei Gateway ist auch hier die Pressemitteilung eine wichtige Ergänzung für Investoren. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied: Bei Gateway erfolgte die Wertberichtigung noch im selben Geschäftsjahr, nur wenige Monate später. Bei Accentro erst im Geschäftsjahr 2023. Der Immobilienkonzern gibt dazu in seiner Pressemitteilung folgende Information:

Unabhängig hiervon hat der neue Vorstand aufgrund laufender Entwicklungen im Zusammenhang mit der zwangsweisen Beitreibung der Forderung sowie der sehr eingetrübten Lage am Immobilienmarkt bereits zum 30. September 2023 eine Wertberichtigung in Höhe von EUR 13,3 Mio. vorgenommen, über die im Chancen- und Risikobericht umfassend berichtet wurde (Seite 10 der Zwischenmitteilung Q3 2023). Die offene Restforderung aus dem DIM-Vorgang wird daher bereits seit dem 30. September 2023 mit nur noch EUR 4,4 Mio. geführt. Insofern erwartet der Vorstand keine relevanten Nachteile für die Gesellschaft.“

Ein Blick in die zitierte Zwischenmitteilung zeigt: Dort informiert Accentro ausführlich über den Vorgang. Warum die DIM Holding in der Vergangenheit nicht gezahlt hat? Darüber schweigt sich Accentro aus. Da die DIM Holding nach den Angaben in der Zwischenmitteilung aber Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt hat, sieht es mit einer Rückzahlung eher schlecht aus.

Kurze Einschätzung

Die entscheidende Frage ist: Wie stark trifft die BaFin-Prüfung Accentro wirklich? Immerhin geht es um einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag. Bei mir auf dem Konto wäre das ein Vermögen, bei Accentro ist das überschaubar: Das Gesamtvermögen liegt bei knapp einer Milliarde Euro. Gut, darin sind die Immobilienwerte zu aktuellen Werten enthalten. Aber auf der Bank hatte Accentro Ende 2022 zumindest rund 100 Millionen Euro. Der Umsatz lag 2022 bei 165 Millionen Euro. Bei dieser Größenordnung dürfte ein Forderungsausfall in der genannten Höhe zwar nicht existenzbedrohend, aber doch sehr ärgerlich sein.

Und es gibt einen entscheidenden Unterschied zu den Immobilienwerten in der Bilanz: Es ist Liquidität aus dem Unternehmen abgeflossen. Zumindest für den Teil des Kaufpreises, der nicht auf die Übernahme des Darlehens entfällt. Aus den Erläuterungen in der Quartalsmitteilung zum 30. September 2023 ergibt sich jedenfalls nichts anderes. Anders verhält es sich mit den Immobilien, die in der Vergangenheit aufgrund von Preissteigerungen am Markt immer mit höheren Werten bilanziert wurden. Diese Wertsteigerungen blähen lediglich die Bilanz und den Gewinn auf, führen aber nicht zu Liquiditätszuflüssen.

Ein fehlender Geschäftsbericht für das Geschäftsjahr 2023 und die noch ausstehende Hauptversammlung in diesem Jahr, Verhandlungen mit Anleihegläubigern über Zinsstundungen und die BaFin-Prüfung: Nach Sommerloch klingt das bei Accentro nicht. Im Gegenteil – es gibt viel zu tun.

Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge im NWB Experten-Blog:

 

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