IFRS 16: Bedeutung der Leasingraten für die Bewertung beim Leasingnehmer

Nach dem neuen Konzept zur Leasingbilanzierung nach IFRS bilanziert der Leasingnehmer in der Regel ein Nutzungsrecht („right-of-use“) am Leasingobjekt im Umfang seiner vertraglichen Ansprüche und passiviert eine Leasingverbindlichkeit. Bilanzierungsobjekt ist nicht das Leasingobjekt, sondern das Recht zur Nutzung des Leasingobjekts. Das hatte ich in früheren Blogs schon skizziert. Die Serie zu IFRS 16 in lockerer Folge will ich heute mit der Frage fortsetzen, inwieweit die Leasingraten in die Bewertung der Bilanzposten eingehen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, wie sich variable Leasingraten auswirken und ob die diesbezüglichen Regelungen abschlusspolitisch genutzt werden können.

Die Leasingverbindlichkeit bemisst sich nach dem Barwert der zukünftigen Leasingzahlungen (IFRS 16.26 ff.):

  • Feste künftige Zahlungen für Leasingvereinbarungen einschließlich de facto feste Leasingzahlungen,
  • variable Leasingzahlungen, die von der Entwicklung eines Kurses oder eines Index abhängig sind,
  • Ausübungspreis für Kaufoption, wenn die Ausübung hinreichend sicher ist und
  • erwartete Zahlungen für Restwertgarantien.

Das Nutzungsrecht bemisst sich nach dem Wert der Leasingverbindlichkeit, korrigiert um (IFRS 16.23 ff.):

  • Leasingraten an den Leasinggeber zum oder vor Leasingbeginn,
  • erhaltene Leasingzuschüsse oder Anreize,
  • anfänglich direkte Kosten und
  • gegebenenfalls geschätzte Kosten für die Erfüllung der Pflicht zum Abbau / Wiederaufbau des zugrundeliegenden Sachvermögens u.ä.

Die vertraglich fest vereinbarten Leasingraten über die Leasinglaufzeit gehen in die Bewertung ein. Entgegen den ersten Überlegungen hat sich der IASB im Laufe des Standardisierungsprozesses dazu entschlossen, variable Leasingraten nicht auf der Basis von Schätzungen umfänglich einzubeziehen, was dem üblichen Fair-Value-Gedanken in der IFRS-Rechnungslegung entsprochen hätte. Stattdessen sind variable Leasingraten grundsätzlich aus der Bewertung der Bilanzposten ausgeschlossen. Ausnahmen bestehen nur für variable Leasingzahlungen, die kurs- oder indexabhängig anfallen, und de facto feste Leasingzahlungen.

Der Standard unterscheidet 3 Arten von variablen Leasingzahlungen:

  • De facto feste Leasingzahlungen
  • Kurs- oder indexabhängige variable Leasingzahlungen
  • Nicht kurs- oder indexabhängige variable Leasingzahlungen

De facto feste Leasingzahlungen sind nur formal variabel, ihrem Wesen nach aber unvermeidlich (IFRS 16.B42). Daher ist ihre Einbeziehung bei der Bewertung vorgegeben (IFRS 16.27(a), 36(c)). Beispiele für de facto feste Leasingzahlungen sind Zahlungen, die an ein Ereignis anknüpfen, das ohnehin eintreten wird, oder an die Möglichkeit zum Betrieb des Leasingobjekts anknüpfen, zu Beginn zwar variable Zahlungen, die zu einem späteren Zeitpunkt aber fest werden. De facto feste Leasingzahlungen liegen beispielsweise auch dann vor, wenn zwar verschiedene Zahlungsschemata vereinbart sind, jedoch nur eines realistisch ist. Sind mehrere Schemata realistisch ist an das mit dem geringsten Gesamtbetrag anzuknüpfen (IFRS 16.B42).

Kurs- oder indexabhängigen Leasingzahlungen kann sich der Leasingnehmer dem Grunde nach genauso wenig entziehen wie festen Leasingzahlungen. Nur die konkrete Höhe der Zahlung muss geschätzt werden. Diese variablen Leasingzahlungen können etwa durch Indexierung der Leasingrate mit einem Preisentwicklungsindex entstehen, z.B. durch Anknüpfung an einen Preisindex für einen allgemeinen Warenkorb, bei Immobilien durch Anknüpfung an einen Index für die Mietpreisentwicklung oder durch Anknüpfung an eine Zinsgröße wie den LIBOR. Bei der Zugangsbewertung wird die variable Leasingzahlung auf Basis des zunächst geltenden Indexausgangswertes einbezogen. Ändert sich später die Leasingrate aufgrund der Indexentwicklung, wird die Leasingverbindlichkeit und damit auch der Wert des Nutzungsrechts angepasst (IFRS 16.36(c), .39, 42(b), .BC 190).

Variable Leasingzahlungen, die nicht an einen Kurs oder Index anknüpfen, werden bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit und damit des Nutzungsrechts nicht berücksichtigt (IFRS 16.BC168 f.). Dabei kann es sich zum Beispiel um leistungs- oder umsatzabhängige Leasingentgelte handeln. So kann ein Teil des Leasingentgelts für eine Einzelhandelsimmobilie etwa in Form einer Umsatzbeteiligung geschuldet werden. Ein weiteres Beispiel ist ein zusätzliches Leasingentgelt, wenn das Leasingobjekt eine bestimmte Leistungsmenge, etwa Kilometerleistung eines LKW oder Flugstunden eines Flugzeugs, überschreitet. Ist jedoch eine Mindestnutzung des Leasingobjekts zu bezahlen, liegt insoweit keine variable, sondern eine feste Leasingzahlung vor.

Wird beispielsweise eine umsatzabhängige Leasingzahlung für ein Einzelhandelsgeschäft in einem Einkaufszentrum vereinbart, stellt sich die Frage, inwieweit mit einem Mindestumsatz zu rechnen ist und insoweit eine de facto feste Leasingzahlung auszugehen ist und darüberhinausgehende Erwartungen zu variablen Leasingzahlungen führen. Eine nicht ganz leichte Entscheidung.

Variable Leasingzahlungen, die nicht in die Bewertung einbezogen werden, führen zu Angabepflichten. Anzugeben sind:

  • der nicht in die Bewertung von Leasingverbindlichkeiten einbezogene Aufwand für variable Leasingzahlungen (IFRS 16.53e)) und
  • künftige Zahlungsmittelabflüsse, zu denen es beim Leasingnehmer kommen könnte, die bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit aber unberücksichtigt geblieben sind, z.B. aus variablen Leasingzahlungen (IFRS 16.59b)(i))

Der Ausschluss variabler Leasingraten aus der Bewertung der Leasingverbindlichkeit und des Nutzungsrechts ermöglicht durchaus abschlusspolitische Gestaltungen. So ist etwa denkbar, nur ein nutzungsabhängiges Entgelt zu vereinbaren. Auf den ersten Blick könnte man von einem variablen Leasingentgelt ausgehen, so dass im Extremfall gar nichts zu bilanzieren ist. Geht der Leasingeber hier ein gewisses Risiko ein, lassen sich solche Gestaltungen aufsetzen. Dem läuft aber die Regelung zu de facto festen Leasingentgelten entgegen. Der sich ergebende Graubereich ist nicht leicht auszuleuchten. Eine frühzeitige Abstimmung kreativer Gestaltungen mit dem Abschlussprüfer ist sicher empfehlenswert. Aber auch wenn sich Mandant und Prüfer einig sind, schließt das eine spätere Beanstandung durch die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung nicht aus.

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