Wer einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) oder Sonderabschreibungen nach § 7g EStG geltend machen will, muss das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und im Folgejahr zu mindestens 90 Prozent betrieblich nutzen. Für die geplante Anschaffung eines Pkw bedeutet das eine hohe Hürde. Die Finanzämter verlangen nämlich, dass eine mindestens 90-prozentige Nutzung üblicherweise durch Führung eines Fahrtenbuchs nachgewiesen wird. Doch mit dieser überbordenden Anforderung dürfte nun Schluss sein.
Innerhalb kurzer Zeit haben zwei Senate des BFH entschieden, dass die Führung eines Fahrtenbuchs für § 7g EStG nicht zwingend erforderlich ist. Ein Steuerpflichtiger kann die Anteile der betrieblichen und der außerbetrieblichen Nutzung eines Firmen-Pkw auch durch andere Beweismittel nachweisen (BFH 15.7.2020, III R 62/19; BFH 16.3.2022, VIII R 24/19).
Zwar sei geklärt, dass der Nachweis einer ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw nicht anhand der Ein-Prozent-Regelung geführt werden kann. Der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung eines Pkw sei aber nicht auf ordnungsgemäße Fahrtenbücher beschränkt. Einem Unternehmer sei es nicht verwehrt, weitere Belege vorzulegen, um für die Zwecke des § 7g EStG die betriebliche Veranlassung der aufgezeichneten Fahrten und damit die fast ausschließliche betriebliche Nutzung des Pkw zu dokumentieren.
Denkanstoß:
Die beiden Entscheidungen sind zu begrüßen und auch folgerichtig, denn man kann § 7g EStG „rauf und runter“ lesen: Das Tatbestandsmerkmal „Fahrtenbuch“ ist dort nicht zu finden. Leider hat sich in den vergangenen Jahren das Erfinden von ungeschriebenen Tatbestandsmerkmalen zu einer Art Volkssport der Finanzverwaltung entwickelt, etwa bei den Themen „Arbeitszimmer“ und „Ordnungsgemäße Buchführung“. Beispielsweise hat die Finanzverwaltung verlangt, dass ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit zwingend erforderlich sein muss. Und die Buchhaltungs- und Aufzeichnungsgrundsätze werden zum Teil vollkommen undifferenziert auf Bilanzierende wie auch auf Einnahmen-Überschussrechner angewandt. Gut, dass der BFH in all diesen Fällen dem Treiben Einhalt gebietet. Ein Blick ins Gesetz erleichtert halt die Rechtsfindung.
Dennoch möchte ich etwas Wasser in den Wein gießen: Auch wenn die Führung eines Fahrtenbuchs für den IAB nicht zwingend erforderlich ist, so muss der Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung irgendwie geführt werden. Und da ist das Fahrtenbuch wohl noch immer das Mittel der Wahl. Zumindest würde ich mich scheuen, Mandanten einen anderslautenden Rat zu geben. Von daher würde ich die Rechtsprechung auch eher zur Abwehr- und nicht zur Gestaltungsberatung nutzen.
Der BFH selbst äußerst sich übrigens nicht explizit zu den möglichen anderen Nachweisen, allerdings hat er der Vorinstanz, dem FG Münster, ins Stammbuch geschrieben, dass ein Zeugenbeweis zugelassen werden müsste.
Um Missverständnisse zu vermeiden: In diesem Blog-Beitrag geht es nur um den IAB, nicht aber um die Frage „Ein-Prozent-Regelung oder Fahrtenbuch“. Wer die Ein-Prozent-Regelung zur Besteuerung des Privatanteils vermeiden will, kommt auch weiterhin nicht um die Führung eines – ordnungsgemäßen – Fahrtenbuchs herum.