Ein spannendes Thema steht uns dieses Jahr auf den Hauptversammlungen bevor: Die Unternehmen müssen erstmals für das vergangene Geschäftsjahr einen Vergütungsbericht offenlegen. Da ist einiges an Zündstoff, der zu kritischen Diskussionen führen kann, denn die Unternehmen werden durch § 162 AktG dazu verpflichtet, die Vergütungen jedes einzelnen Aufsichtsrats- und Vorstandsmitgliedes offenzulegen – inklusive des variableb und fixeb Anteils als Beispiel. Spannend werden dürfte vor allem auch der variable Anteil der Vergütung aufgrund von langfristigen Erfolgskriterien.
Das IDW hat am 22. Dezember 2021 ein Arbeitspapier veröffentlicht, das Hinweise für die praktische Umsetzung der Anforderungen an den Vergütungsbericht beantwortet und damit den Unternehmen als Unterstützung dienen soll, denn nicht alle Details sind gesetzlich geregelt bzw. definiert. Eine erste Best-Practice wird sich daher erst herauskristallisieren.
Überblick über das IDW-Schreiben
Entscheidend sind beim Thema Vergütung vor allem die Begriffe „gewährt“ sowie „geschuldet“. Die Frage, wann eine Vergütung als gewährt gilt, stellt sich beispielsweise bei Aktienoptionen. Das Schreiben des IDW erläutert sehr detailliert die Unterscheidung einer gewährten von einer geschuldeten Vergütung. Ergänzt wird dies durch verschiedene Beispiele, die konkrete Fälle und die Abgrenzung vorstellen.
Zwei weitere Themen des IDW-Schreibens sind Empfehlungen für Erläuterungen hinsichtlich der Anwendung der Leistungskriterien sowie des Vertikalvergleichs. Bei der ersten Frage geht es darum, in welchem Vergütungsbericht über einen für das abgelaufene Geschäftsjahr gewährter variabler Bestandteil der Vergütung berichtet werden muss. Während sich diese Frage relativ knapp beantworten lässt, sind die Hinweise zur Berichterstattung über den Vertikalvergleich deutlich komplexer.
Beim Vertikalvergleich müssen Unternehmen beispielsweise über die Veränderungen der Vergütungen und die Ertragsentwicklung des Unternehmens berichten. Die Offenlegung der vom Aktiengesetz geforderten Angaben bringt einige Fragen mit sich, zu denen das IDW-Schreiben einige Handlungsempfehlungen ausspricht.
Der Abschlussprüfer hat die Aufgabe, zu prüfen, ob die vom Aktiengesetz geforderten Angaben im Vergütungsbericht gemacht wurden. Daher ist das Schreiben des IDWs nicht nur für Unternehmen, sondern auch die Abschlussprüfer eine Pflichtlektüre. Da der Berufsstand durch die Causa Wirecard ohnehin unter einem erheblichen Imageverlust leidet, werden die Aktionäre auch hier sicherlich genauer hinschauen.
Ausblick
Die ersten Vergütungsberichte in diesem Jahr werden zeigen, inwieweit die Unternehmen die Empfehlungen des IDWs bei der Erstellung des Vergütungsberichtes herangezogen haben. Darüber hinaus werden die Fragen der Aktionäre auf der Hauptversammlung auch Aufschluss darüber geben, bei welchen Erläuterungen es noch Verbesserungspotenzial hinsichtlich Transparenz und Verständlichkeit gibt. Institutionelle Investoren werden diese Fragen in den Gesprächen mit den Investor-Relations-Abteilungen der Unternehmen adressieren.
Fazit
Die diesjährige Hauptversammlungs-Saison wird zeigen, inwieweit die vorgelegten Vergütungsberichte dem Informationsbedürfnis der Aktionäre Rechnung tragen. Für erste Erfahrungen des neuen Berichtes müssen wir uns noch etwas gedulden, bis die ersten Studien zum Vergleich der Vergütungsberichte vorliegen.
Weitere Informationen:
IDW: Fragen und Antworten – Erstellung eines Vergütungsberichts gemäß § 162 AktG (Stand 21.12.2021)
Handbuch zum Vergütungsbericht
Aktienrechtlicher Bericht zur Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung der börsennotierten Gesellschaft
Von Prof. Dr. Holger Philipps
978-3-482-67871-4