Beschäftigte sollen künftig im Homeoffice arbeiten müssen, wenn ihnen dies möglich ist. Das haben Bundestag (21.4.2021) und Bundesrat (22.4.2021) mit der „Notbremse“ im Infektionsschutzgesetz (IfSG) beschlossen. Außerdem wird die Testangebotspflicht für Arbeitgeber verschärft.
Hintergrund
Die am 20.01.2021 vom Bundeskabinett beschlossene SARS-CoV2-Arbeitsschutzverordnung des BMAS ist seit 27.01.2021 in Kraft und galt zunächst bis zum 15.03.2021. Kernpunkt ist die Verpflichtung des Arbeitgebers, Homeoffice der Arbeitnehmer zu ermöglichen, wo immer dies möglich ist. Am 10.03.2021 hat das Bundeskabinett die Corona-ArbSchV bis 30.04.2021 verlängert und teilweise ergänzt. Mit der am 13.04.2021 vom Bundeskabinett beschlossenen 2.ÄndV wurde die Corona-ArbSchV um eine Testverpflichtung der Arbeitgeber für ihre Beschäftigten ergänzt und die Geltungsdauer der Corona-ArbSchV bis 30.6.2021 verlängert.
Jetzt hat das Bundeskabinett am 21.4.2021 die 3.ÄndV zur Corona-ArbSchV beschlossen.Nach Verkündung im Bundesanzeiger wird sie schon in den nächsten Tagen in Kraft treten.
Homeoffice jetzt auch für Arbeitnehmer verpflichtend
So viel Homeoffice wie möglich – das ist das Credo der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie mit der „Notbremsen“-IfSG-Novelle vom 21/22.4.2021. Gründe, dass Homeoffice nicht möglich ist, können nur räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung sein. Arbeitgeber sollen gegenüber der zuständigen Behörde darlegen müssen, weshalb Homeoffice nicht möglich ist, wenn die Behörde dies verlangt.
Die Regelungen zum Homeoffice werden aus der Corona-ArbSchV herausgelöst und im neuen § 28b Abs. 7 IfSG neu gefasst: Arbeitgeber müssen den Beschäftigten im Fall von Bürotätigkeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten anbieten, diese Tätigkeit in ihrer Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.
Beschäftigte haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Damit soll eine flächendeckendere Nutzung der Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten, erreicht werden, um betriebsbedingte Kontakte und damit verbundene Ansteckungsgefahren auf dem Weg zur und von der Arbeit sowie während der Arbeit zu vermeiden.
Testangebotspflicht für Arbeitgeber ausgeweitet
Mit der vom Bundeskabinett am 21.4.2021 gebilligten 3.ÄndV zur CoronaArbSchV wird die Testangebotspflicht des Arbeitgebers abermals verschärft: Für alle Betriebe und Verwaltungen in Deutschland, deren Beschäftigte nicht ausschließlich von ihrer Wohnung aus arbeiten, wird die Frequenz der Testangebotspflicht erhöht und eine zweimal wöchentliche Testung eingeführt. Testbeschaffungsnachweise oder Nachweise über Beauftragung von Test-Dienstleistern sind bis 30.6.2021 aufzubewahren.
Bewertung und Auswirkungen auf die Praxis
Die Übersprungshandlungen der Politik werden immer absurder: Gerade mal einen Tag nach Inkrafttreten der Corona-ArbSchV fällt dem BMAS am 21.4.2021 ein, die Testangebotspflicht abermals zu verschärfen und die Angebotspflicht für Arbeitgeber (bisher grundsätzlich 1 Test pro Mitarbeiter/Woche) ohne zusätzliche Infektionserkenntnis schlicht zu verdoppeln.
Die Wirtschaftsverbände wurden vorher nicht konsultiert oder gar um Rat gefragt; wozu auch? Die Verdopplung der Testangebotskapazität kostet die Wirtschaft doch auch nur zusätzliche 749 Mio. Euro Sachkosten, weitere Bürokratie- und Logistikkosten erst gar nicht berücksichtigt.
Die erst seit 20.4.2021 geltende verschärfende Regelung für besondere Risikogruppen mit zweimaliger Testung wird flugs zum für alle geltenden Regelfall erklärt. Ausnahmen von der Testpflicht für bestimmte Berufsgruppen sind erst gar nicht vorgesehen – basta: Was für den in Präsenz beschäftigten Verwaltungsangestellten gilt, hat nach dem Verordnungswortlaut auch der Bauarbeiter oder der Waldarbeiter hinzunehmen, der sich den ganzen Tag an der frischen Luft bewegt…
Den aktuellen politischen Schnellschüssen fehlt auch jeder realistische Blick für die Umsetzung der Testangebotsverpflichtung in der Praxis: Noch immer stehen nicht genügend Tests zur Verfügung, es gibt Lieferengpässe. Das Verhältnis von Unternehmenstestungen zu den vom Bund finanzierten Bürgertests ist ungeklärt. Sinnvoll wäre eine einheitliche Regelung, wonach die POC-Antigen-Schnelltestergebnisse aus Unternehmen auch für den Zugang zum Einzelhandel gültig sind. Damit könnte zudem die Testbereitschaft der Arbeitnehmer (nach wie vor freiwillig) erhöht sowie Umsätze im Einzelhandel und perspektivisch der (Außen-) Gastronomie positiv beeinflusst werden.
Gleichzeitig will der Gesetzgeber mit einer jetzt auch für Arbeitnehmer geltenden Homeoffice-Verpflichtung zum „Arbeiten dahoam“ verdammen, also ins private Zuhause, das nach Einschätzung des Gesetzgebers gerade doch mit das höchste Infektionsrisiko birgt. Wie bitte passt das alles noch zusammen? Diese Art der Infektionsschutzbekämpfung mutet an wie mit verbundenen Augen ungezwungen auf nicht sichtbares Wild zu schießen; mit genügend Schrot wird man schon irgendwas treffen …
Quellen
- Beschluss des BT vom 21.4.2021 (IfSG): https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2021/kw16-de-infektionsschutzgesetz-834802
- 3.ÄndV zur Corona-ArbSchV v. 21.4.2021:
Themen im Bundeskabinett – Ergebnisse (bundesregierung.de)21-04-21-RefE_Dritte Änderung_Corona-ArbSchV-Stand 10.30-Reinfassung-Bundesanzeiger (bmas.de)
- 2.ÄndV zur Corona-ArbschV v. 15.4.2021:
https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/zweite-aenderungsverordnung-sars-cov-2-arbeitsschutzverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=2