Gefährdet hoher Alkoholkonsum den Abzug von Bewirtungskosten?

Kann ein zu hoher Alkoholkonsum ein Indiz für den Bewirtungscharakter einer Veranstaltung sein? Das FG Berlin-Brandenburg kommt zu diesem Ergebnis.

Zum Sachverhalt

Ein Unternehmen der Immobilienbranche lud seine Kunden und seine Mitarbeiter zu einer Veranstaltung – einem sogenannten Kick-Off-Meeting – ein. Es waren provisorische Tresen aufgebaut worden, an denen Speisen und alkoholische Getränke gereicht wurden. Das Unternehmen machte die Kosten vollständig als Betriebsausgaben geltend, vergaß jedoch, die Kosten einzeln und getrennt aufzuzeichnen. Das FA versagte den Abzug und machte darauf aufmerksam, dass die Aufzeichnungspflichten für Bewirtungskosten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG und § 4 Abs. 7 EStG) nicht erfüllt seien. Es hätte der fachliche Austausch im Vordergrund gestanden, widersprach das Unternehmen. Dies hätte zur Folge, dass aufzuzeichnende Bewirtungskosten nicht gegeben seien.

FG Berlin-Brandenburg sieht Bewirtungskosten erster Güte

Dem Urteil des FA schloss sich auch das FG an: Die Kosten seien Bewirtungskosten im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EstG, denn es handelte sich um geschäftliche Anlässe. Wichtig sei, dass hier nicht reine Arbeitnehmerbewirtungen vorgelegen haben. Diese unterfallen nicht der Abzugsbeschränkung für Bewirtungskosten und nicht den diesbezüglich geltenden Aufzeichnungspflichten. Allerdings hat im konkreten Fall eine gemischte Veranstaltung stattgefunden, bei der neben Geschäftspartnern und Kunden auch eigene Arbeitnehmer teilnehmen konnten.

Zu hoher Alkoholkonsum spricht gegen fachlichen Austausch

Von besonderer Bedeutung dürfte die genaue Nachrechnung des FG sein. Es kam zu dem Ergebnis, dass jeder Teilnehmer durchschnittlich 0,7 Liter Bier und zusätzlich eine halbe Flasche Wein oder Prosecco getrunken habe – und das in einem Zeitraum von 4 Stunden. Dies – so die Meinung des FG Berlin-Brandenburg – sei als Entkräftigung dafür zu werten, dass der fachliche Austausch im Vordergrund gestanden hatte.  Nach Überzeugung des Gerichts hätten sich viele Teilnehmer „nicht mehr in einem Zustand befunden (…), in dem das Führen fachlicher Gespräche realistisch erscheint“.  Und – so das Gericht weiter –: „falls doch, dürften diese Gespräche nicht den für Repräsentations- und Werbezwecke qualitativ hochwertigen Charakter erreicht haben“.

Indiz für Bewirtung richtig gewertet

Es erscheint konsequent, dass das Gericht den Alkoholkonsum deutlich in seine Wertung einbezogen hat. Insbesondere das vom Unternehmen vorgebrachte Argument, der fachliche Austausch hätte im Vordergrund gestanden, eröffnet dem Gericht diesen Weg und lässt die Berechnungen folgenlogisch zu. Das Gericht kommt daher konsequent zu dem Ergebnis, dass das Bewirtungs-Merkmal höher zu werten ist.

Ein Beitrag von:

  • Dr. Timmy Wengerofsky

    • Referent für Steuern, Handels- und Gesellschaftsrecht bei der IHK Köln
    • Langjährige Dozententätigkeit an verschiedenen Fachhochschulen
    • Zahlreiche Publikationen in (referierten) Fachzeitschriften zum Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrecht
    Warum blogge ich hier?
    Steuern und Rechnungslegung unterliegen ständigen Neuerungen – sei es durch eine Änderung von gesetzlichen Vorgaben oder die entsprechende Rechtsprechung. Diese Neuerungen zu analysieren und auf Problembereiche bei der praktischen Umsetzung hinzuweisen halte ich für besonders wichtig. Der NWB-Expertenblog bietet die Möglichkeit, tagesaktuell auf Themen einzugehen und Denkanstöße für fachliche Diskussionen zu setzen.

Kommentare zu diesem Beitrag:

Eine Antwort

  1. Hallo Herr Wengerofsky,

    ich hatte vor 5 Jahren schon die Vermutung, dass man Belohnungsessen am Promille-Wert erkennen kann und dazu den nachfolgenden Blogbeitrag geschrieben:

    https://www.lohnsteuer-newsletter.de/2019/04/steuerpflichtiges-belohnungsessen-am-promille-wert-erkennen/

    Schön, dass Sie das nun mit FG-Fundstellen flankieren. Da das inhaltlich nun geklärt ist, können wir alle froh sein, dass es im Internet bessere Promille-Rechner, als Lohnsteuer-Rechner gibt.

    Gern verlinke ich Ihren Beitrag unter meinem Blogbeitrag.

    Liebe Grüße aus Köln,
    Marcel Werner

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