Gute Nachrichten zum Jahresauftakt. Noch nie hat der Bund einen derart hohen Haushaltsüberschuss erzielt. Doch wohin mit dem Plus von 13,5 Mrd. Euro? Ich meine: Ein guter Teil der Mehreinnahmen muss jetzt an den Steuerbürger zurückfließen.
Hintergrund
Mit der Schuldenbremse im Grundgesetz wird die „strukturelle“, also von der Konjunktur unabhängige, staatliche Neuverschuldung für die Länder verboten und für den Bund auf maximal 0,35 Prozent des nominellen Bruttoinlandsprodukts beschränkt. Die Staatsschuldenquote in Deutschland geht seit dem Höchststand von 82,5 Prozent im Jahr 2010 wieder tendenziell zurück; damit soll sichergestellt werden, dass Deutschland das EU-Konvergenzkriterium erfüllt, dass die Schuldenquote auf 0,60 Prozent des BIP beschränkt. Die durch Art. 109 Abs. 3 GG im Jahr 2009 eingeführte Schuldenbremse gilt seit 2011, für den Bund ist seit 2016 die Grenze von 0,35 Prozent zwingend einzuhalten.
Seit 2014, also seit sechs Jahren, kommt der Bund ohne neue Schulden aus. Mehr noch: Seit 2015 erwirtschaftet der Bund Jahr für Jahr ein dickes (ungeplantes) Haushaltsplus. Nach 17,1 Mrd. Euro Überschuss in 2015 sank der Überschuss zunächst auf 6,0 Mrd. Euro (2016) und 5,0 Mrd. Euro (2017), um im Anschluss wieder deutlich auf 11 Mrd. Euro (2018) und jetzt 13,5 Mrd. Euro (2019) anzusteigen; ein solcher Rekordüberschuss wurde im Bundeshaushalt noch nie erzielt! Rechnet man die 5,5 Mrd. Euro hinzu, die das BMF eigentlich zur Ausgabenfinanzierung der Flüchtlingsrücklage entnehmen wollte, jetzt aber gar nicht entnehmen muss, sind es sogar 19 Mrd. Euro. Die unerwarteten Mehreinnahmen haben ihre Ursache einerseits in den historisch niedrigen Schuldzinsen (nur 11,9 Mrd. statt 17,5 Mrd. Euro), die den Bund entlasten, in Minderausgaben für nicht umsetzbare Investitionsvorhaben, zum anderen in erfreulichen Mehreinnahmen: Allein 2019 hat der Bund 3,5 Mrd. Euro Steuern mehr eingenommen als veranschlagt.
Sparen, investieren oder Steuern senken?
Seitdem die erfreulichen Haushaltszahlen bekannt geworden sind, ist unter Finanzexperten ein Glaubenskrieg ausgebrochen, was mit dem Geldsegen zu geschehen habe. Angesichts sich abzeichnender Konjunkturrisiken künftige Haushalte wetterdicht machen und die Mehreinnahmen in Rücklagen packen sagen die einen. Jetzt in die Zukunft, in Digitalisierung, Infrastrukturausbau und Bildung investieren sagen die anderen. Ich stimme denjenigen zu, die jetzt nach Steuersenkungen rufen. Denn dafür besteht jetzt die historisch einmalige Chance: Wenn nicht jetzt, wann dann sollte den Steuerbürgern etwas von dem zurückgegeben werden, dass sie über Jahre selbst erwirtschaftet und an den Staat abgeführt haben?
Stichwort Unternehmenssteuern:
Zuletzt wurde die Unternehmenssteuern im Jahr 2008 angepasst, inzwischen droht Deutschland im Steuerwettbewerb der großen Industrienationen zurückzufallen. Jetzt ist die Zeit gekommen, die Lok zu entlasten, die Jahr für Jahr den deutschen Wohlstandszug zieht. Erst recht sollten angesichts der nachhaltig positiven Haushaltslage Pläne wieder in die Mottenkiste, nach denen die Vermögensteuer in Deutschland wieder eingeführt werden soll.
Stichwort Solidaritätszuschlag:
Auch die Bürger haben verdient, etwas vom Kuchen abzubekommen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie Besserverdiener sind. Das Argument des Gesetzgebers beim gerade erst im Bundesgesetzblatt verkündeten Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlages, eine vollständige Entlastung vom Soli sei nicht finanzierbar, zieht angesichts der jüngsten Haushaltszahlen nicht mehr.
Gefordert ist jetzt also mehr Mut des Gesetzgebers, den „Geldregen“ endlich wenigstens auch für Steuerentlastungen einzusetzen. Warten wir mal ab …
Weitere Informationen:
Wenn der Staat das Geld sinnvoll nutzen würde, gibt er doch dem Steuerbürger auch was zurück.
Ich fände einen ausgewogenen Mix aus Schuldenabbau und Investitionen in Umwelt, Bildung, Infrastruktur am besten. Dann hätte ich kein Problem damit, Steuern zu zahlen und ich bin sicherlich kein Besserverdiener. Denke, die Abneigung, Steuern zu entrichten rührt zum Großteil daher, dass man nicht das Gefühl hat, dass das Geld beim Staat in guten Händen ist.