Wird der Grund und Boden von einem Bauträger erworben und mit diesem ein Bauvertrag geschlossen, so handelt es sich um einen einheitlichen Erwerbsgegenstand und auf den gesamten Kauf- und Baupreis wird Grunderwerbsteuer fällig – also so, als wenn von vornherein eine „fertige“ Immobilie erworben wird.
Wenn in der Bauphase gegenüber dem Bauträger Sonderwünsche geäußert werden, die dieser – gegen Entgelt – realisiert, unterliegen auch diese der Grunderwerbsteuer, wenn ein rechtlicher Zusammenhang mit dem ursprünglichen Vertrag besteht. Gleiches gilt beim Erwerb einer noch zu errichtenden Eigentumswohnung. Der BFH hat diese Auffassung der Finanzverwaltung nun bestätigt (BFH-Urteile vom 30.10.2024, II R 15/22 und II R 18/22).
Die Sachverhalte in aller Kürze:
Die Kläger in den genannten Verfahren kauften jeweils ein Grundstück, auf dem Eigentumswohnungen bzw. eine Doppelhaushälfte gebaut werden sollten. Der jeweilige Verkäufer verpflichtete sich als Bauträger zur Errichtung der Gebäude. Erst nach Beginn der Rohbauarbeiten äußerten die Kläger Sonderwünsche, etwa bezüglich der Innentüren, der Materialien für Bodenbeläge und der Vergrößerung der Terrasse. Hierfür sahen die Kaufverträge vor, dass die Käufer Mehrkosten für solch nachträgliche Sonderwünsche zu tragen hatten und dass nur der Verkäufer diese umsetzen durfte. Die Finanzämter hielten die Entgelte für die nachträglichen Sonderwünsche für grunderwerbsteuerpflichtig und erließen entsprechende Steuerbescheide gegenüber den jeweiligen Klägern. Der BFH gab den Finanzämtern überwiegend Recht.
Die Begründung:
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist die Gegenleistung für den Erwerb der Immobilie oder – bei einem einheitlichen Vertragswerk – für den Wert des Grund und Bodes samt Errichtungskosten für das Gebäude (§ 8 Abs. 1, 2 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG gehören auch solche Leistungen zur grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung, die der Erwerber dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt. Von daher unterliegen also auch Sonderwünsche der Grunderwerbsteuer.
Nachträglich vereinbarte Sonderwünsche, die zusätzlich vergütet werden, sind jedoch nur dann steuerpflichtig, wenn sie in einem rechtlichen Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag stehen. Dieser rechtliche Zusammenhang lag im Verfahren II R 15/22 darin, dass der Kläger verpflichtet war, die Mehrkosten für nachträgliche Sonderwünsche zu tragen und er diese nach den vertraglichen Regelungen nicht ohne weiteres selbst ausführen lassen durfte, sondern die Ausführung dem Verkäufer oblag. Gleiches galt in der Streitsache II R 18/22. Dort war der rechtliche Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag hinsichtlich der zusätzlich gezahlten Entgelte dadurch gegeben, dass der Kaufvertrag schon selbst Abweichungen von der Bauausführung nach entsprechender Vereinbarung vorsah.
Wichtig: Zusätzliche Leistungen, zu denen sich der Käufer bereits bei Abschluss eines Grundstückskaufvertrags verpflichtet, unterliegen schon im Rahmen der Besteuerung des Kaufpreises nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. § 9 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG hingegen erfasst nur zusätzliche Leistungen, die nachträglich gewährt werden. Wenn sich der Grundstückskäufer also beispielsweise zur Übernahme von Hausanschlusskosten bereits im – ursprünglichen – Grundstückskaufvertrag verpflichtet hat, liegen keine nachträglich vereinbarten Sonderwünsche vor. Die Übernahme dieser Entgelte wird dann nämlich nicht nachträglich vereinbart, sondern ergibt sich bereits aus dem Grundstückskaufvertrag selbst. Das heißt allerdings nicht, dass die Entgelte deshalb grunderwerbsteuerfrei bleiben. Die Steuer darf nur nicht in einem zweiten, selbstständigen Bescheid festgesetzt werden, sondern muss bereits im ursprünglichen Bescheid berücksichtigt werden. Das ist aber nur möglich, wenn dieser noch verfahrensrechtlich änderbar ist (sofern das Finanzamt den Vorgang nicht bereits berücksichtigt hat).
Denkanstoß:
Die beiden Urteile sind wohl keine große Überraschung. Allerdings dürften sie dafür sorgen, dass das Thema „Grunderwerbsteuer auf Sonderwünsche“ jetzt (noch) mehr in den Fokus der Finanzverwaltung gerät. Und „im Fall der Fälle“, das heißt bei einer unterlassenen Anzeigepflicht, werden Betroffene nun kaum noch argumentieren können, sie hätten nicht gewusst, dass die Sonderwünsche der Grunderwerbsteuer unterliegen.
Apropos Anzeigepflicht: Diese besteht für alle Beteiligten. Sowohl der Veräußerer/Bauträger als auch der Erwerber müssen dem Finanzamt – als Gesamtschuldner – diejenigen Vorgänge melden, die grunderwerbsteuerlich relevant sind. Und darunter fallen die Entgelte für besagte Sonderwünsche (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG). Die Anzeigen sind innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des anzeigepflichtigen Vorgangs zu erstatten (§ 19 Abs. 3 GrEStG).