Hauptversammlung der Adler Real Estate: Kreative Interpretation des Immobilienkonzerns können nicht überzeugen

Der Immobilienkonzern Adler kommt nicht aus den Schlagzeilen. Auch die Hauptversammlung der Adler Real Estate AG machte deutlich, dass die Aktionäre eine ordentliche Portion Wut im Bauch haben. Wenn auch der Antrag auf eine Sonderprüfung der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger nicht genehmigt wurde – was angesichts des Großaktionärs Adler Group S.A. nicht verwunderlich ist – muss der Konzern mit weiterem Gegenwind rechnen.

Daniel Bauer, Vorstand der SdK, äußerte sich zum weiteren Vorgehen der Anlegerschutzvereinigung wie folgt: „Unsere Sonderprüfungsanträge wurde ebenfalls mit den Stimmen der Adler Group abgelehnt. Wir werden nun eine gerichtliche Durchsetzung der Sonderprüfung forcieren.“

Die Vorstandsrede – eines SDAX-Konzerns nicht würdig

Die Rede des Vorstands war für ein S-DAX-Unternehmen doch eher dürftig. Aber stimmt – es gab einen Krankheitsfall im Vorstand. Der Vorstand Thierry Beaudemoulin wurde entschuldigt, da er „krankheitsbedingt unpässlich“ sei. An seiner Stelle berichtete sein Kollege Sven-Christian Frank über das vergangene Geschäftsjahr. Im Ländle würde man dazu sagen: „Das hat ein Gschmäckle“,denn schließlich ist Thierry Beaudemoulin in einer Art Doppelfunktion, da er in der Vergangenheit Vorstand bei ADO war, bevor diese mit Adler Real Estate fusionierten.

Was lässt sich zur Rede des Vorstands noch sagen? Es wurden wieder einmal tolle Gewinne aus Wertsteigerungen der Immobilien präsentiert für 2021. Dass dies nicht cash-relevant ist, wurde jedoch verschwiegen. Warum hebe ich das immer wieder hervor? Weil Kirsten, der Vorsitzende des Verwaltungsrates der Adler Group S.A. in den letzten Monaten bei den Bewertungsproblemen immer wieder gesagt hatte, dass dies nicht cash-relevant sei.

Was der Vorstand bei den Zahlen 2021 noch verschwiegen hat? Das seit dem ersten Halbjahr Schluss ist mit den Wertsteigerungen der Immobilien. Darauf ist er war am Ende seiner Rede eingegangen, hat dies aber auf die schwierigen Marktbedingungen zurückgeführt. Also wieder mal so ein Fall, in dem ich mich Frage: Glaubt hier jemand noch seinen eigenen Aussagen oder ist das Maß an Moral ohnehin schon so weit im Keller, dass eigentlich alles egal ist? Das will ich nicht ausschließen.

Loan-to-Value: Ziel durch Bilanzkosmetik erreicht

Der Loan-to-Value, d.h. das Verhältnis der Schulden zum Wert der Immobilien, hat sich deutlich verbessert: Von 51,2 % auf 12,8 %. Wie kann das denn sein? Nun ja, dies passt wieder in die Kategorie „Ich rechne mir die Welt wie sie mir gefällt“, denn bei der Berechnung der Kennzahl wurden die zur Veräußerung bestimmten Immobilien herausgerechnet. Und da Adler fast alle Immobilien verkaufen will, wurden auch die Schulden bereinigt.

Doch warum soll fast der gesamte Immobilienbestand veräußert werden? Ach ja richtig, um die Schulden zu tilgen. Stopp mal! Die Zahlen des ersten Halbjahres 2022 zeigen doch eine Wertverringerung der Immobilien. Wie passt denn das zusammen? Nicht so richtig, würde ich sagen.

Zur Erinnerung: Der Loan-to-Value bei Adler war immer relativ hoch und wurde daher sehr kritisch betrachtet – zumindest von Experten, denn das Ende der Wertsteigerungen der Immobilien bedeutet eine Verschlechterung des Loan-to-Value. Schließlich möchte die Bank ihr Geld zurückhaben, auch wenn die Immobilien an Wert verloren haben.

Aussagen des Vorstandes wenig überzeugend

Doch das Beste kommt erst noch: Der Vorstand teilte in seiner Rede mit, dass Adler ein „Unternehmen mit soliden Bilanzen“ sei. Ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich diese Aussage gehört habe. Aber vielleicht habe ich einfach eine andere Interpretation von soliden Bilanzen als Monsieur Frank.

Zu bemängeln gab es aus Aktionärssicht einiges, was auch die Anzahl der Fragen deutlich gezeigt hat. Ich möchte gleich noch auf zwei Aspekte eingehen. Was besonders auffallend war: Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger wurde erst gegen Ende der Fragen – vielleicht so ab Frage Numero 230 – namentlich erwähnt als Fragensteller. Bei den zahlreichen Fragen davor, die viele Ungereimtheiten betrafen, wurden immer andere Fragensteller genannt und auf „andere Aktionäre“ verwiesen.

Erinnerungen an Wirecard

Nun aber noch zu zwei kritischen Aspekten. Zum einen wurde der Halbjahresfinanzbericht für das erste Halbjahr 2022 erst kurz vor Mitternacht und damit kurz vor dem Ablauf der Einreichung der Fragen für die virtuelle Hauptversammlung veröffentlicht. Stimmt, die Hauptversammlung betrifft das Jahr 2021. Allerdings ist die Party mit Gewinnsteigerung seit diesem Jahr zu Ende. Das hätte sicherlich noch zu weiteren kritischen Fragen geführt.

Und der zweite Punkt? Ruft wieder einmal Erinnerungen an Wirecard hoch. Stichwort: Konzerninterne Darlehen. Der Vorstand hat Ende 2021 ein Darlehen an den Großaktionär in Höhe von 265 Mio. € im Alleingang gewährt. Die Zustimmung des Aufsichtsrates wurde erst drei Monate nach der Darlehensauszahlung eingeholt. Dass in diesem Fall weder Vorstand noch Aufsichtsrat entlastet werden kann, liegt auf der Hand. Doch wurde der Antrag der SdK hierzu abgelehnt. Adler hatte nach dem Gegenantrag der SdK nämlich vorgeschlagen, die Entlastung zu vertagen. Dass der Verschiebung zugestimmt wurde, ist aufgrund des Großaktionärs nicht überraschend.

Fazit

Ruhe wird so schnell nicht einkehren – ganz im Gegenteil. Doch werden Anleger(schützer) nun andere Wege beschreiten müssen, um endlich konkrete Antworten zu bekommen. Denn trotz der sechs Stunden dauernden Hauptversammlung blieben viele klare Antworten aus.

 

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