Beiträge zu einer Gruppenkrankenversicherung für Arbeitnehmer gelten als Sachlohn, wenn der jeweilige Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann (BFH 14.4.2011, VI R 24/10). Wenn die – monatliche – Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG von 50 Euro bzw. früher 44 Euro nicht überschritten wird, bleiben die Beiträge zu einer entsprechenden (Zusatz-)Krankenversicherung steuerfrei.
Die Einhaltung der Freigrenze setzt allerdings voraus, dass der jeweilige Vorteil tatsächlich monatlich bis zu dieser Höhe gewährt wird. Anders ausgedrückt: Wird dem Arbeitnehmer zum Beispiel gleich im Januar ein Vorteil im Wert von 600 Euro gewährt, so darf dieser nicht rechnerisch auf zwölf Monate verteilt werden, sondern muss – weil er 50 Euro übersteigt – im Januar voll versteuert werden. Diese bittere Erfahrung mussten schon zahlreiche Arbeitnehmer und Arbeitgeber machen.
Etwas Schützenhilfe brachte der BFH mit seinem „berühmten“ Urteil zu Firmenfitness-Programmen: Sachbezüge aufgrund der Teilnahme an einem Firmenfitness-Programm sind laufender Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber sein vertragliches Versprechen, den teilnehmenden Arbeitnehmern die Nutzung bestimmter Fitnesseinrichtungen zu ermöglichen, fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit erfüllt. Konkret: Arbeitnehmern fließt der geldwerte Vorteil aus der vergünstigten Nutzung eines Fitnessstudios auch dann monatlich zu, wenn der Arbeitgeber seinerseits einen Jahresvertrag abgeschlossen hat. Folglich bleibt der Vorteil aus der vergünstigten Nutzung der Einrichtungen steuerfrei, wenn der Wert 44 Euro bzw. 50 Euro nicht übersteigt (BFH 7.7.2020, VI R 14/18).
In einem aktuellen Urteil hat das FG Baden-Württemberg nunmehr auch die Vorauszahlung von Beiträgen zu einer Gruppenkrankenversicherung für die 50 Euro-Grenze (bzw. die damalige 44 Euro-Grenze) als unschädlich betrachtet, obwohl gleich im Januar Beträge je Arbeitnehmer von zum Teil über 400 Euro überwiesen wurden (FG Baden-Württemberg 21.10.2022, 10 K 262/22).
Der Sachverhalt:
Die Klägerin hat eine betriebliche Gruppenversicherung für ihre Arbeitnehmer abgeschlossen. Versichert wurden Zusatzleistungen zur Krankenversicherung wie Vorsorge, Reise, Zahnbehandlung, Zahnersatz. Ein Wahlrecht der Arbeitnehmer zwischen Versicherungsleistung und Geldzahlung war nicht vorgesehen. Nach den Versicherungsbedingungen müssen die Beiträge als laufende Monatsbeiträge gezahlt werden. Die Klägerin leistete die Beiträge dennoch jährlich als Einmalzahlung. Sie beliefen sich je Arbeitnehmer auf Beträge zwischen 99,19 Euro und 432,92 Euro. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Beitragszahlung zum Zufluss von Barlohn für die Arbeitnehmer führe und die damalige 44 Euro-Freigrenze für Sachbezüge deshalb nicht anwendbar sei. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.
Die Begründung in aller Kürze:
Für die Berechnung, ob die monatliche Freigrenze eingehalten ist, ist der Zuflusszeitpunkt des Sachbezugs maßgeblich. Für den Zufluss von Arbeitslohn kommt es aber nicht auf das Innehaben von Ansprüchen (gegen den Arbeitgeber), sondern auf die Erfüllung dieser Ansprüche an. Zuflusszeitpunkt ist der Tag, an dem der Arbeitnehmer durch die Erfüllung seines Anspruchs die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt. Diese erlangten die Arbeitnehmer jeweils erst mit der monatlichen Gewährung des Versicherungsschutzes. Mit der jährlichen Vorauszahlung der Beiträge war den Arbeitnehmern der Sachbezug „Versicherungsschutz” bei wirtschaftlicher Betrachtung noch nicht zugeflossen.
Das FG Baden-Württemberg hat die Revision zugelassen. Ob diese tatsächlich eingelegt worden ist, ist leider noch nicht bekannt.
Denkanstoß:
Auch wenn die Sache in dem Verfahren vor dem FG Baden-Württemberg zumindest vorläufig gutgegangen ist, sollte man Streitigkeiten und Diskussionen besser von vornherein vermeiden und auf Beitragsvorauszahlungen verzichten. Diese Empfehlung gilt zumindest bis zu einem eventuellen (positiven) Urteil des BFH.