Grundschuldübernahme allein führt nicht zu Anschaffungskosten

Wer eine Immobilie erwirbt, übernimmt diese zwar in der Regel lastenfrei und lässt auch das Grundbuch zuvor bereinigen, also Grundschulden löschen. Doch bei Immobilienübertragungen unter nahen Angehörigen sieht die Sache anders aus und die Grundschulden werden oftmals übernommen. Die Frage ist dann, ob sich insoweit Anschaffungskosten ergeben, die

  • bei einem vermieteten Gebäude abgeschrieben werden können,
  • beim Verkauf der Immobilie innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist vom Verkaufserlös abgezogen werden dürfen, um nur die Differenz besteuern zu müssen.

Kürzlich hat der BFH entschieden, dass die Übernahme der Grundschulden allein, das heißt ohne gleichzeitige Mitübernahme des Darlehens, nicht zu Anschaffungskosten führt. Bedient also der Übergeber ein Darlehen weiter, so erlangt der Erwerber kein zusätzliches Abschreibungsvolumen. Und vor allem: Bei einem Weiterverkauf durch den Erwerber in der Spekulationsfrist muss dieser gegebenenfalls den vollen Kaufpreis versteuern und kann die übernommene Grundschuld nicht gegenrechnen. Besonders „perfide“: Das Gesagte gilt selbst für den Fall, dass im Zuge des Weiterverkaufs die alten Schulden getilgt werden, die der Betroffene zunächst nicht vom Übergeber übernommen hatte (BFH-Urteil vom 03.09.2019, IX R 8/18).

Dem Urteil lag – stark vereinfacht – folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin erwarb im Jahre 2004 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück von ihrer Mutter. Sie übernahm die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden. Nicht übernommen wurden die den Grundschulden zugrunde liegenden Darlehen. Die Darlehen wurden nach der Grundstücksübertragung weiterhin von der Mutter bedient. Diese hatte das Objekt ihrerseits im Jahre 1998 erworben. Im Jahre 2007, also innerhalb der Spekulationsfrist, veräußerte die Tochter das gesamte Grundstück zu einem Kaufpreis in Höhe von 530.000 EUR. Von dem Kaufpreis wurden auch die durch die Grundschulden besicherten Darlehen getilgt. Das Finanzamt versteuerte einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft, ohne die übernommenen Grundschulden oder die spätere Darlehenstilgung gegenzurechnen. Hinsichtlich der Berechnung der Spekulationsfrist sei zwar auf die Anschaffung durch die Rechtsvorgängerin (1998) abzustellen. Doch da die Veräußerung im Jahre 2007 erfolgte, sei dies noch innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist geschehen. Der BFH hat dieses Ergebnis bestätigt.

Die Begründung des BFH:

Die Belastung eines unentgeltlich übertragenen Wirtschaftsguts mit einer Grundschuld führt nicht zu Anschaffungskosten. Nachträgliche Anschaffungskosten entstehen auch nicht, wenn der Erwerber eines Grundstücks zwecks Löschung eines Grundpfandrechts Schulden tilgt, die er zunächst nicht übernommen hat. Denn die Belastung mit einer Grundschuld beruht weder auf einem entgeltlichen Anschaffungsgeschäft noch verändert sie die Nutzbarkeit des Grundstücks oder dient der Herstellung eines betriebsbereiten Zustands. Die Eintragung einer Grundschuld hat keine Einschränkung der Nutzungsbefugnisse zur Folge.

Entsprechendes gilt für die Löschung der Grundschuld. Die Löschung der Grundschuld führt nicht zu einer (weitergehenden) Verschaffung der (dinglichen) Verfügungsmacht über das Grundstück und erweitert auch nicht die Nutzungsbefugnisse. Das (wirtschaftliche) Eigentum und der Besitz sind bereits bei (unentgeltlichem) Erwerb des Grundstücks übergegangen. Die spätere Zahlung auf das Darlehen, das die Grundschuld besichert, hat hierauf keine Auswirkung.

Hinweis:

Es ist nicht ganz leicht, sich durch den Urteilssachverhalt und die Begründung „zu kämpfen“. Doch es lohnt sich, da der BFH zahlreiche Aspekte der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen streift. Von Bedeutung ist zum Beispiel folgende Aussage des BFH zum Thema „Steuerbefreiung bei Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“:

„Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Erfasst sind daher auch Zweitwohnungen, nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnungen und Wohnungen, die im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden.“

Nehmen Sie das Urteil in entsprechenden Fällen durchaus zur Hand.

Weitere Informationen:

BFH, Urteil v. 03.09.2019 – IX R 8/18

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

64 + = 65