Gnadenfrist zur Grunderwerbsteuer auf Instandhaltungsrücklage

In meinem Blog-Beitrag „Instandhaltungsrücklage unterliegt der Grunderwerbsteuer“ hatte ich auf das Urteil des BFH vom 16.9.2020 (II R 49/17) aufmerksam gemacht, mit dem dieser entschieden hat, dass die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer beim Erwerb einer Eigentumswohnung nicht um die anteilige Instandhaltungsrücklage zu mindern ist.

Die Begründung des Urteils liegt darin, dass die Instandhaltungsrücklage Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist und bei einem Eigentümerwechsel auch bleibt. Anders als das Zubehör eines Grundstücks, das nicht der Grunderwerbsteuer unterliegt, kann damit die (anteilige) Instandhaltungsrücklage nicht auf den Erwerber einer Eigentumswohnung übergehen. Was einem nicht gehört, kann auch nicht verkauft werden. Na ja, zumindest sollte es nicht verkauft werden.

Da die Finanzverwaltung – wie sie selbst sagt – lange Jahre eine andere Auffassung vertreten hat, verfügt sie nun, dass das negative Urteil erst in den Fällen anzuwenden ist, in denen der Notarvertrag nach dem Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im Bundessteuerblatt anzuwenden ist (Koordinierte Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.3.2021).

In Altfällen kann folglich ein Stück weit aufgeatmet werden, da die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer weiterhin um die Instandhaltungsrücklage zu mindern ist. Das „Aufatmen“ gilt vor allem dann, wenn eine Wohnung mit einem prall gefüllten Rücklagenkonto erworben worden ist, weil eine Sanierung kurz bevor steht.

Mich freut die Billigkeitsregelung zwar, doch zugegebenermaßen verwundert sie mich auch, denn ich hatte die frühere Auffassung der Finanzverwaltung so verstanden, dass sie noch das alte WEG betraf und nicht die Änderungen im Jahre 2007. Aber vielleicht lag ich hier falsch und nehme den aktuellen Erlass gerne zur Kenntnis.

Übrigens, nur am Rande: Die Instandhaltungsrücklage hieß im WEG in der Fassung bis zum 30.11.2020 „Instandhaltungsrückstellung“ (vgl. § 21 WEG a.F.). Im neuen WEG ist in § 19 von der „Erhaltungsrücklage“ die Rede. Man mag mir nachsehen, dass ich in meinem Beitrag von der Instandhaltungsrücklage spreche, da dieser Begriff wohl noch immer gängig ist.

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