In Corona-Zeiten klingt folgende Meldung fast wie aus einer anderen Welt: Der BFH hat entschieden, dass der Gewinn aus dem Verkauf eines kurz zuvor selbst erworbenen Tickets für ein Spiel der UEFA Champions League der Einkommensteuer unterliegt (BFH-Urteil vom 29.10.2019, IX R 10/18).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger hatten im April 2015 über die offizielle UEFA-Webseite zwei Tickets für das Finale der UEFA Champions League in Berlin zugelost bekommen (Anschaffungskosten: 330 EUR) und diese im Mai 2015 über eine Ticketplattform wieder veräußert (Veräußerungserlös abzüglich Gebühren 2.907 EUR). Entgegen der Auffassung der Kläger, die von der Steuerfreiheit des Veräußerungsgeschäfts ausgingen, erfasste das Finanzamt den Gewinn in Höhe von 2.577 EUR bei deren Einkommensteuerfestsetzung. Das FG gab den Klägern zwar Recht (FG Baden-Württemberg 2.3.2018, 5 K 2508/17). Der BFH folgte dem aber nicht; er entschied, dass die Kläger mit der Veräußerung der beiden Tickets ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verwirklicht haben. Einkünfte aus solchen privaten Veräußerungsgeschäften der Einkommensteuer.
Zu den steuerpflichtigen „Spekulationsgeschäften“ gehören u.a. Veräußerungen von so genannten „anderen Wirtschaftsgütern“ des Privatvermögens, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt (§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG); von der Besteuerung ausgenommen sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG Veräußerungen von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. „Andere Wirtschaftsgüter“ in diesem Sinne sind sämtliche vermögenswerten Vorteile, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt und die einer selbständigen Bewertung zugänglich sind. Hierzu zählen auch UEFA Champions League-Tickets, mit denen der Karteninhaber das verbriefte Recht auf Zutritt zum Fußballstadion und Besuch des Fußballspiels an dem auf dem Ticket angegebenen Tag erwirbt. Die Tickets stellen nach Auffassung des BFH insbesondere keine „Gegenstände des täglichen Gebrauchs“ dar, so dass sie nicht von der Besteuerung ausgenommen sind.
Gewinne bleiben aber steuerfrei, wenn der aus den privaten Veräußerungsgeschäften erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 EUR betragen hat (Freigrenze, nicht Freibetrag!).
Das FG hatte die Sache – wie erwähnt – anders beurteilt. Zwar hätten die Kläger mit dem Verkauf der Finalkarten innerhalb eines Jahres ein Wirtschaftsgut veräußert. Bei verfassungskonformer Auslegung handele es sich jedoch um Wertpapiere, die nicht dem Anwendungsbereich des § 23 EStG („Spekulationsgeschäft“) unterfallen und deren Veräußerung damit keinen steuerbaren Vorgang darstellen. Eine Erfassung bei den Kapitaleinkünften komme allerdings ebenfalls nicht in Betracht. Bei einer Eintrittskarte handelt es sich nämlich nicht um eine Kapitalforderung im Sinne der Regelung des § 20 EStG, da der enthaltene Anspruch nicht auf Geld, sondern auf den Zutritt zu einer Veranstaltung gerichtet ist (vgl. Blog „Champions League Karten sind Wertpapiere!“). Der BFH konnte sich dieser Auslegung jedoch nicht anschließen.
Hoffen wir, dass wir in absehbarer Zeit wieder spannende Fußballspiele sehen werden – Versteuerung hin oder her.
Weitere Informationen:
BFH, Urteil v. 29.10.2019 – IX R 10/18