Wem und in welcher Höhe steht eigentlich der Gewerbesteuerfreibetrag zu, wenn ein GbR-Gesellschafter aus der Gesellschaft austritt, sein Anteil dem (letzten) verbleibenden Gesellschafter anwächst und der Betrieb von diesem fortgeführt wird? Mit dieser Frage musste sich jüngst der BFH befassen und hat seine bisherige Rechtsprechung geändert. Hinfällig ist damit auch die Auffassung der Finanzverwaltung in den GewStR (BFH v. 25.04.2018, IV R 8/16).
Der Sachverhalt: Die Klägerin war zusammen mit E Gesellschafter der S-GbR. Zum 31. Mai 2009 ist E aus der S-GbR ausgeschieden. Sein Anteil am Gesellschaftsvermögen ist daher im Wege der Anwachsung auf die Klägerin übergegangen. Seit dem 1. Juni 2009 führt die Klägerin den Gewerbebetrieb als Einzelunternehmen fort.
Das Finanzamt setzte den Gewerbesteuermessbetrag gegenüber der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der S-GbR auf 528 Euro fest. Bei der Ermittlung des Messbetrags zog das Finanzamt von dem bis zum 31. Mai 2009 von der S-GbR erzielten Gewerbeertrag in Höhe von 25.300 Euro den zeitanteilig auf 5/12 gekürzten Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Höhe von 10.208 Euro (= 5/12 von 24.500 Euro) ab. Der Gewerbeertrag des ab dem 1. Juni 2009 fortgeführten Einzelunternehmens der Klägerin belief sich auf 2.900 Euro, so dass darauf rechnerisch nur ein Freibetrag in Höhe von 2.900 Euro entfiel. Die Klägerin hingegen begehrte, ihr bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2009 den gesamten Freibetrag in Höhe von 24.500 Euro zu gewähren. Für den Erhebungszeitraum 2009 sei ein einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag zu ermitteln. Dieser sei sodann zeitanteilig auf die Klägerin als Rechtnachfolgerin der S-GbR und als Einzelunternehmerin zu verteilen.
Die Entscheidung des BFH: Scheiden während des Erhebungszeitraums bis auf einen Gesellschafter alle anderen Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, wechselt ab diesem Zeitpunkt die Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft auf den verbleibenden Gesellschafter als Einzelunternehmer. Dessen ungeachtet ist der Gewerbesteuermessbetrag für den gesamten Erhebungszeitraum einheitlich unter Berücksichtigung des vollen Gewerbesteuerfreibetrags zu berechnen. Für den Erhebungszeitraum des Rechtsformwechsels ist für jeden Steuerschuldner ein Gewerbesteuermessbescheid zu erlassen. In den Bescheiden ist der einheitlich ermittelte Gewerbesteuermessbetrag im prozentualen Verhältnis der von den beiden Steuerschuldnern erzielten Gewerbeerträge nebst den auf sie entfallenden Hinzurechnungen und Kürzungen zu berücksichtigen.
Das Urteil widerspricht R 11.1 GewStR, in denen es heißt: Die zeitliche Abgrenzung und zeitraumbezogene Erfassung des Besteuerungsguts bedeutet, dass jedem der Steuerschuldner nur der Teil des Steuermessbetrags zugerechnet werden darf, der auf die Dauer seiner persönlichen Steuerpflicht entfällt. Dieses Ergebnis wird dadurch erreicht, dass für jeden der Steuerschuldner eine Steuermessbetragsfestsetzung auf Grund des von ihm erzielten Gewerbeertrags durchgeführt wird und dabei der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Höhe von 24.500 Euro auf jeden von ihnen entsprechend der Dauer seiner persönlichen Steuerpflicht aufgeteilt wird. Aus Vereinfachungsgründen kann bei jedem der Steuerschuldner für jeden angefangenen Monat der Steuerpflicht ein Freibetrag von 2.042 Euro berücksichtigt werden. Die Steuermesszahl nach § 11 Abs. 2 GewStG wird nach Abzug des anteiligen Freibetrages auf den verbleibenden Gewerbeertrag des jeweiligen Steuerschuldners angewendet.
Die Finanzverwaltung fordert also eine zeitanteilige Aufteilung, während der BFH das prozentuale Verhältnis der von den beiden Steuerschuldnern erzielten Gewerbeerträge als Maßstab ansetzt.
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