Der Streit über die Erhebung der Gewerbesteuer dauert länger als das durchschnittliche Leben eines Steuerberaters. Vernünftige Ansätze zur Aufhebung dieser nicht mehr zeitgemäßen Steuererhebung sind – soweit überhaupt vorhanden – von der Unvernunft der Justiz und der Politik verhindert worden. Jüngst hat nun das FG Hamburg die Gewerbesteuer und die strittigen Hinzurechnungen dem BVerfG folgend als verfassungsgemäß behandelt, die Klage abgewiesen. Durch die Revisionszulassung hat der I. Senat des BFH den „schwarzen Peter“ (I R 15/17).
Die Entscheidung des FG Hamburg vom 10.02.17 (1 K 96/16) ist der 2. Akt dieses Verfahrens, denn bekanntlich hat das BVerfG den damaligen Vorlagebeschluss als unzulässig zurückgewiesen (1 BvL 8/12). Nun folgt das FG „brav“ dem BVerfG (evtl. heimlich hilflos achselzuckend). So richtig überzeugt scheinen die Richter nicht zu sein. Immerhin stören Sie sich (zu Recht) an dem Begriff einer „ertragsorientierten Objektsteuer“ (so BFH I R 70/12), den der BFH in Folge der Entscheidung des BVerfG präsentiert. Das FG und auch der Steuerzahler warten auf die juristische Ausgestaltung des Begriffes. Deshalb die Revisionszulassung.
Im Ergebnis wird die Gewerbesteuer mit aberwitzigen „Begründungen“ und Begriffen ohne Erläuterung künstlich am Leben gehalten. Unter Beachtung der heutigen globalen Unternehmenswelt ist die Gewerbesteuer betriebswirtschaftlich tot. Die Steuer liegt im Koma und keiner der zuständigen Entscheidungsträger für diese Steuer merkt es!
Die Gewerbesteuer ist rechtssystematisch eine Objektsteuer. Es kommt traditionell betrachtet – nicht auf die individuelle Situation des einzelnen Gewerbebetriebes an, sondern pauschal wird der (übliche, durchschnittliche) Muster-Gewerbebetrieb besteuert. Deshalb gibt es die Hinzurechnungen. Damit beginnt der betriebswirtschaftliche Gau. Normale, übliche Betriebsausgaben wie Pachten, Lizenzen, Leasinggebühren, Zinsen) werden hinzugerechnet. Deshalb gibt es den vom BFH erfundenen Betriff der „ertragsorientierten Objektsteuer“. Das ist selbstverständlich purer Unsinn, denn eine Objektsteuer kann nicht ertragsorientiert sein. Die reduzierte Erfassung dieser Betriebsausgaben, Freibeträge usw. sollen das „Alibi“ für die Besteuerung begründen. Es wird grob fahrlässig übersehen, dass es heute kaum Betriebe gibt, die nicht auf dieser Basis finanziert werden müssen!.
Eine Steuererhebung muss zeitgemäß sein. Veränderungen in der Zeit sind unter verfassungsrechtlichen Maßstäben zu beachten. Mit welcher Berechtigung hätte das BVerfG den Schutz der gleichgeschlechtlichen Verbindungen durchgeführt, wenn es nicht die Veränderung der Zeit beachtet hätte. Also ist die Zeit für Abschaffung der (verfassungswidrigen) Gewerbesteuer schon längst da.Die entscheidenden Juristen haben diesen Sachverhalt bisher schlicht verschlafen und sich durch Art. 106 GG blenden lassen.
Offensichtlich hat die Justiz nicht die Kraft, entscheidende Impulse für eine Korrektur der Gewerbesteuer mit dem Ziel der endgültigen Abschaffung einzuleiten. Um so mehr ist der Politiker gefragt. Die Politik hat das Problem vertragt, eher aufgegeben, weil die Regionalpolitiker meinen, ohne Gewerbesteuer nicht auszukommen (Art. 28 Abs. 2 GG). Wieder zu kurz gedacht. Die Aufhebung der Gewerbesteuer bedeutet nicht, dass die Kommunalsteuer endgültig wegfällt. Sie ist auf breitere mögliche Anwendung auszuweiten und auszugestalten auf Alle, die die Gemeindestruktur in Anspruch nehmen Selbstverständlich ist eine Bestandsbesteuerung zu vermeiden ist. Wenn das nicht möglich ist, haben wir die falschen Leute an unseren Entscheidungshebeln.
Weitere Informationen:
- Verfahrensverlauf | BFH – I R 15/17 – anhängig seit 20.07.2017
- Finanzgericht Hamburg v. 10.02.2017 – 1 K 96/16
- BVerfG v. 15.02.2016 – 1 BvL 8/12
- BFH v. 04.06.2014 – I R 70/12