Sofern ein Gewerbetreibender mehrere gewerbliche Tätigkeiten ausübt, kann es sich bei dieser Tätigkeit entweder um einen einheitlichen Betrieb oder um mehrere selbstständige Betriebe handeln. Aus der Zusammenfassung zu einem Betrieb können sich dabei Vorteile (z.B. direkte Verlustverrechnung der Tätigkeiten) und Nachteile (z.B. Ansatz nur eines Freibetrags bei natürlichen Personen und Personengesellschaften) ergeben.
In diesem Zusammenhang hatte der BFH kürzlich einen Fall zu beurteilen, bei dem es fraglich war, ob ein Grillimbiss und ein Eiscafé als einheitlicher Betrieb zu qualifizieren sind (Urteil v. 17.06.2020 – X R 15/18). Sowohl der Grillimbiss wie auch das Eiscafé wurden im selben Gebäude betrieben, es wurde dieselbe Kundentoilette angeboten, die Außenbewirtschaftung erfolgte auf den gleichen Stühlen, einige Mitarbeiter der Betriebe kamen für beide Betätigungen zum Einsatz. Zum Betriebsvermögen des Grillimbiss gehörte ein Kfz, welches auch für das Eiscafé eingesetzt wurde. Der Außenauftritt erfolgte unter der gleichen Bezeichnung, es gab für beide Tätigkeiten eine einheitliche Telefon- und Faxnummer. Ein Teil des Wareneinkaufs wurde für beide Tätigkeiten gemeinsam vorgenommen, Lohnzahlungen für die Mitarbeiter des Eiscafés wurden z.T. vom Konto des Grillimbiss geleistet, die beiden Bankkonten wurden beim gleichen Kreditinstitut unter den gleichen Stammdaten geführt. Der Inhaber der Tätigkeiten übergab im Jahr 2014 das Eiscafé an seinen Sohn und im Jahr 2015 den Grillimbiss an seine Schwiegertochter.
Im Rahmen der Streitjahre 2010 und 2011 erzielte der Grillimbiss einen Gewinn i.H.v. 57.103 Euro (2010) und 59.058 Euro (2011). Das Eiscafé erwirtschaftete einen Verlust i.H.v. 27.136 Euro (2010) und 24.312 Euro (2011). Sowohl im Jahr 2010, als auch im Jahr 2011 wurden die Gewinne zusammengefasst, da der Betreiber des Grillimbisses und des Eiscafés davon ausgehen, es bestehe ein einheitlicher Betrieb.
Das für die Veranlagung zuständige Finanzamt vertrat dabei die abweichende Ansicht und nahm zwei getrennte Betriebe an und erließ zwei getrennte Gewerbesteuermessbescheide. Sowohl das Einspruchsverfahren, als auch das Verfahren vor dem Finanzgericht Münster, waren für den Betreiber von Grillimbiss und Eiscafés erfolglos. Das FG Münster führte in seiner Argumentation aus, dass der wirtschaftliche Zusammenhang entscheiden sei und dieser für die Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebs nicht vorliege, da die Kunden in den weit überwiegenden Fällen nur einen der beiden Betriebe des Klägers – also entweder Grillimbiss oder Eiscafé aussuchen würden (vgl. FG Münster, vom 10. Oktober 2014, 7 K 3662/14 G, EFG 2018, S. 1281).
Der Steuerpflichtige beschritt, trotz des Urteils des FG-Münster, den weiteren Rechtsweg und führte seine Ansicht nochmals vor dem BFH aus. Der erkennende BFH Senat erließ dabei kürzlich folgenden Leitsatz: „Für die Unterscheidung zwischen einem einheitlichen Betrieb und mehreren selbständigen Betrieben kommt der Gleichartigkeit bzw. Ungleichartigkeit der Betätigungen wesentliche Bedeutung zu. Dabei ist jedoch nicht von einer strikten Zweiteilung in gleichartige bzw. ungleichartige Betätigungen auszugehen; vielmehr steigt das notwendige Maß des für eine Zusammenfassung der Betätigungen erforderlichen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs in Abhängigkeit vom zunehmenden Grad der Verschiedenartigkeit der Betätigungen“ (BFH Urteil, vom 17. Juni 2020, X R 15/18, Leitsatz 2).
Je größer die Gleichheit der Betätigung ist, umso weniger strenge Anforderungen sind bzgl. der Annahme eines einheitlichen Betriebs an die wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Verbindung beider Tätigkeiten zu stellen. Da das FG Münster im Rahmen der dortigen Beurteilung von einer ungleichen Betätigung ausgegangen ist, wurden entsprechend hohe Anforderungen an die wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Verbindung beider Tätigkeiten gestellt. „Weil es die Betätigungen aber zu Unrecht als vollkommen ungleichartig angesehen hat, hat es diesen Zusammenhängen im Rahmen der Gesamtwürdigung eine zu geringe Bedeutung beigemessen“ (BFH Urteil, vom 17. Juni 2020, X R 15/18, Rz. 43). Insofern wurde der Sachverhalt zur weiteren Klärung an das zuständige Finanzgericht zurücküberwiesen.
Der Leitsatz des X. BFH-Senats, wonach in Abhängigkeit von der Gleichheit der Betätigung unterschiedlich hohe Anforderungen an die wirtschaftliche, organisatorische und finanzielle Verbindung mehrerer Tätigkeiten zu stellen überzeugt. Da sowohl durch die Zusammenfassung wie durch die Trennung von Tätigkeiten Vor- und Nachteile resultieren können, wäre eine weitere Klarstellung durch Rechtsprechung und Finanzverwaltung wünschenswert. Für die Trennung bzw. Zusammenfassung von Tätigkeiten zu einem einheitlichen Betrieb bedarf es daher klarer Leitlinien für die Zusammenfassung und Trennung.
Insbesondere die Frage, wann eine Betätigung gleichartig ist, bedarf der weiteren Klärung in Wissenschaft und Praxis.
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