Nicht jeder Gesellschafter-Geschäftsführer möchte mit dem Eintritt des Pensionsalters in den Ruhestand gehen. Viele möchten gerne noch einige Jahre für „ihre“ GmbH weiter tätig sein, und zwar durchaus nach wie vor als Geschäftsführer. Dann stellt sich regelmäßig die Frage, ob und inwieweit das Ruhegehalt (aus einer Zusage der GmbH) neben den aktiven Bezügen gezahlt werden darf.
Insoweit sollten zunächst das BMF-Schreiben vom 18.9.2017 (IV C 6 – S 2176/074/10006, BStBl 2017 I S. 1293) und das BFH-Urteil vom 23.10.2013 (I R 60/12, BStBl 2015 II S. 413) beachtet werden: „In der Auszahlungsphase der Pension führt die parallele Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension – sowohl bei einem beherrschenden als auch bei einem nicht beherrschenden – Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit das Aktivgehalt nicht auf die Pensionsleistung angerechnet wird.“ Immerhin hat der BFH seine strenge Linie im Jahre 2023 jedoch ein klein wenig aufgeweicht – ich hatte darauf bereits in dem Blog-Beitrag „Geschäftsführergehalt: Wenn der Senior im Pensionsalter weiterarbeiten möchte“ hingewiesen (BFH-Urteil vom 15.3.2023, I R 41/19).
Nun hat das BMF zu dem Urteil Stellung bezogen (BMF-Schreiben vom 30.8.2024, IV C 2 – S 2742/22/10003: 009).
Zur Erinnerung noch einmal kurz das BFH-Urteil:
Ende 1994 erteilte eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage. Im August 2010 ging der Geschäftsführer in Pension und es wurde eine neue Geschäftsführerin bestellt. Der bisherige Geschäftsführer war zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt. Im März 2011 wurde der Senior aber – wohl aus wirtschaftlichen Gründen – erneut zum Geschäftsführer bestellt. Die GmbH schloss mit dem „neuen“ Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag. Als Vergütung erhielt er einen geringen Betrag; die Pension wurde aber nicht gekürzt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die geleisteten Pensionszahlungen seien als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Der BFH hat das Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen zwar aufgehoben, der GmbH und dem Finanzgericht in der Sache aber Recht gegeben.
Grundsätzlich würde eine GmbH ihrem Geschäftsführer zwar nicht zeitgleich eine Pension und ein laufendes Gehalt zahlen. Sie würde aber auch nicht erwarten, dass ein „pensionierter“ Geschäftsführer „umsonst“ weiterarbeitet. Vielmehr würde sie grundsätzlich bereit sein, neben der Versorgung aufgrund der fortgeführten oder wieder aufgenommenen Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen zu zahlen. Im Streitfall betrug die Summe von Versorgung und neuem Gehalt lediglich 26 Prozent der letzten Aktivbezüge des Geschäftsführers. Damit war die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen bei Weitem nicht ausgeschöpft.
Das aktuelle BMF-Schreiben
In der Auszahlungsphase der Pension würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter grundsätzlich verlangen, entweder das Einkommen aus der fortbestehenden Tätigkeit als Geschäftsführer auf die Versorgungsleistung anzurechnen oder den vereinbarten Eintritt der Versorgungsfälligkeit aufzuschieben, bis der Begünstigte endgültig seine Geschäftsführerfunktion beendet hat.
Vorbehaltlich der Beachtung des formellen Fremdvergleichs bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern liegt aber keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, soweit die Summe aus Versorgungszahlung und neuem Aktivgehalt das vor Eintritt des Versorgungsfalles gezahlte Aktivgehalt nicht überschreitet.
Die Grundsätze gelten sowohl bei monatlicher Pensionsleistung als auch bei Ausübung eines vereinbarten Kapitalwahlrechts bei Erreichen der vereinbarten Altersgrenze.
Denkanstoß:
Damit ist also gesichert, dass zumindest ein geringes Geschäftsführergehalt neben der Pension gezahlt werden darf, ohne dass es insoweit zu einer verdeckten Gewinnausschüttung kommt. Doch Vorsicht: Das BMF verfügt auch, dass eine Teilzeittätigkeit mit dem Aufgabenbild eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht vereinbar sei Wenn also das Aktivgehalt und die Arbeitszeit nach Eintritt des Versorgungsfalls deutlich reduziert werden, aber möglicherweise dennoch eine hohe Pension gezahlt wird, kann dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen – so zumindest die Meinung des BMF, die aber möglicherweise (ich könnte auch sagen „wahrscheinlich“) nicht mit der Auffassung des BFH übereinstimmt. Letzterer hatte – wenn auch nur am Rande – ausgeführt: „Allerdings kann eine Weiter- oder Folgebeschäftigung mit reduzierten Arbeitszeiten/Aufgabenbereichen dazu führen, dass die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen nicht vollständig ausgeschöpft werden kann, ohne eine verdeckte Gewinnausschüttung auszulösen ….“.
Trotz aller Freude über das aktuelle Urteil und die Verwaltungsanweisung: Der BFH – und auch das BMF – nehmen keine grundsätzliche Abkehr von ihren Haltungen vor. Dazu noch einmal das BFH-Urteil aus dem Jahre 2013, das wiederum eine ältere Entscheidung aus dem Jahre 2008 bestätigt (BFH 5.3.2008, BStBl 2015 II, 409). Hier zwei Zitate aus dem Urteil: „Denn auch wenn die Altersrente Teil des Entgelts für die geleistete Arbeit und sie als solche, was die Vergangenheit anbelangt, „erdient” worden ist, so soll sie doch gleichwohl in erster Linie zur Deckung des Versorgungsbedarfs beitragen, regelmäßig also erst beim Wegfall der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis einsetzen.“ Und weiter: „Der Senat hält daran fest, dass sich der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter an dieser typischen Sichtweise im Rahmen des hier anzustellenden hypothetischen Fremdvergleichs orientieren und dadurch verhindern wird, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer die GmbH als beliebige Quelle sowohl einer Altersversorgung als auch einer laufenden Tätigkeit „benützt”.“
Übrigens, nur am Rande: Wenn die Bestellung als Geschäftsführer aus wirtschaftlichen und/oder rechtlichen Gründen nicht zwingend erforderlich ist, sollte in der Praxis eher über einen Beratervertrag nachgedacht werden (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12, BStBl 2015 II S. 413).