Geplante Inflationsprämie – Viele offene Fragen

Steigende Energiepreise, hohe Inflation: Mit dem inzwischen dritten Entlastungspaket will der Bund die Bürger entlasten, hierbei ist auch eine sog. „Inflationsprämie“ Teil der Planung. Dabei handelt es sich um eine steuer- und sozialabgabenfreie Einmalzahlung bis zu 3.000 Euro von Unternehmen an die Beschäftigten. Aber viele Details sind noch ungeklärt.

Hintergrund

In der Corona-Pandemie blieben Sonderzahlungen von Arbeitgebern bis zu 1.500 Euro im Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei, wenn diese zusätzlich zum Lohn gezahlt wurden. Die Regelung lief bis Ende März 2022. Vor dem Hintergrund der seit dem Russlandkrieg in der Ukraine rasant angestiegenen, vor allem auf steigenden Energiekosten beruhenden Inflation war die Idee einer steuerfreien Einmalzahlung als Inflationsausgleich bereits Anfang Juli 2022 diskutiert worden, jedoch von Gewerkschaftsvertretern und Ökonomen abgelehnt worden.

Im Zuge des am 4.9.2022 politisch angekündigten „Dritten Entlastungspakets“ fordert die Bundesregierung die Unternehmen nun auf, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern „freiwillig“ eine Inflationsprämie zu zahlen. Der Bund erklärt sich bereit, bei zusätzlichen Zahlungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten einen Betrag von bis zu 3.000 Euro/Jahr (sog. Inflationsprämie) von der Steuer und den Sozialversicherungsabgaben zu befreien.

Aktueller Sachstand und viele offene Fragen

Am 15.9.2022 trafen sich Vertreter der Bundesregierung mit Arbeitgebern und Gewerkschaften erneut im Rahmen der sogenannten Konzertierten Aktion. Allerdings liegen bislang der federführenden Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) noch immer keine Informationen zur konkreten Ausgestaltung vor.

Offen ist, ob die Freistellung durch eine untergesetzliche Regelung erfolgt wie zunächst bei der Coronaprämie (durch BMF-Schreiben vom 9.4.2020, BStBl 2020 I S. 503) oder ob eine Regelung in ein laufendes Gesetzgebungsverfahren (wie zuletzt bei der Energiepreispauschale (EPP) im Steuerentlastungsgesetz 2022, BGBl 2022 I S. 749) eingebracht werden soll. Für eine gesetzliche Lösung böten sich das am 14.9.2022 vom Bundeskabinett beschlossene Inflationsausgleichsgesetz (NWB OAAAJ-21929) oder das  Gesetz zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts oder das JStG 2022 an, das vom Kabinett ebenfalls am 14.9.2022 beschlossen worden ist.

Inhaltlich ist offen, ob die geplante Regelung auch erfolgte Zahlungen in der Vergangenheit erfassen soll. Ferner unklar ist das Verhältnis zu steuerfreien Corona-Bonuszahlungen. Die steuerfreie Corona-Sonderzahlung, die im Rahmen der Pandemie an Beschäftigte bis zu 1.500 Euro ausbezahlt werden konnte, lief zwar zum 31.3.2022 aus. Allerdings können Arbeitgeber im Kranken- und Pflegebereich sogenannte Pflegeboni bis zu 4.500 Euro noch bis 31.12.2022 steuerfrei an ihre Arbeitnehmer auszahlen. Denn die Bundesregierung gewährt den Pflegekräften mit Rücksicht auf die besonderen Belastungen im Kranken- und Pflegebereich eine zusätzliche Prämie als finanzielle Anerkennung (Pflegebonus). Um die finanzielle Wirkung der Prämie zu verstärken, wird diese steuerfrei gestellt (§ 3 Nr. 11b EStG).

Was ist von einer Inflationsprämie zu halten?

Hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen als  Inflationsausgleich hat das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) berechnet, dass ein Vollzeitarbeitnehmer mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 49.200 Euro bei einer steuerfreien Einmalzahlung in Höhe von 3.000 Euro ein Lohnplus von 6,1 Prozent hätte, bei „nur“ 1.500 Euro Einmalzahlung wären es immer noch gut 3 Prozent. Bei Arbeitnehmern mit geringeren Einkommen fiele der prozentuale Anstieg deutlich höher aus, sie würden überproportional entlastet.

So gut die Inflationsprämie auch klingt: Es handelt sich lediglich um einen Appell der Regierung an die Unternehmen. Das bedeutet, dass es – wie schon bei der Corona-Prämie – keinen gesetzlichen Anspruch auf die steuer- und abgabenfreie Zahlung gibt und geben darf. Andernfalls hätte die Regierung die „Rechnung ohne den Wirt“ gemacht, also ein Versprechen zu Lasten der zahlenden Unternehmen abgegeben. Ob und wie viel die Arbeitgeber letztendlich zahlen, muss also ihnen überlassen bleiben. Auch Unternehmen stöhnen längst unter der Inflationslast, insbesondere Energiekostensteigerungen – da kann sich auch ein erfolgreiches Unternehmen nicht eben Mal eine üppige Sonderzahlung an die Belegschaft „aus den Rippen schneiden“. Andererseits kann aber eine steuer- und abgabenfreie Sonderzahlung auch für ein Unternehmen ein sinnvoller Gehaltsbaustein sein, um lineare Gehaltsanhebungen in der Nähe der derzeitigen Inflationsrate zu vermeiden: Die Lohnkosten steigen dann nicht dauerhaft mit Spätfolgen in späteren Jahren.

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