Die neuen Generationen haben neue Berufe entwickelt: Blogger, Influencer, YouTuber & Co. Ihr „Arbeitsort“ sind Social Media-Kanäle. Ihre „Gehalt“ berechnet sich nach Followern, Klicks und Likes. Berufsrisiken sind Datenschutz-Themen; aber auch steuerrechtliche Fragen entstehen vermehrt.
Worum geht es?
Im Social-Media-Bereich kann durchaus das Hobby zum Beruf werden. Nicht selten bekommen z.B. Blogger im Modebereich Artikel zur Präsentation zugeschickt, die sie eventuell im Anschluss behalten dürfen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang daher schnell, wann ist die Schwelle vom Hobby (Liebhaberei) zum Gewerbebetrieb überschritten, liegen überhaupt Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG vor und wenn, in welcher Höher?
Einkünftequalifzierung und verhängnisvolle Werbeeinnahmen
Sie führen Artikel vor, fotografieren, filmen, schneiden und texten: Tatsächlich üben diese Steuerpflichtigen damit Tätigkeiten aus, die auch Künstler ausführen. Allerdings werden die Beiträge der Blogger nicht selten verlinkt, so dass die beworbenen Produkte auf Knopfdruck erworben werden können. Am Verkaufserlös, der über diese sog. Affiliate-Links erzielt wird, werden die Blogger oder Influencer prozentual beteiligt. Dem Grunde nach könnten ihre Einkünfte daher teilweise durchaus als künstlerische Tätigkeit den Einkünften aus selbständiger Arbeit den Einkünften i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zugeordnet werden. Allerdings ist hier die Abfärberegelung zu beachten. Bezieht ein Künstler mehr als 3 % (Bagatellgrenze) seiner Einnahmen aus Werbung, sind die Einkünfte umzuqualifizieren. Es liegen im Veranlagungszeitraum Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.
Höhe der Einnahmen?
Gemäß § 8 Abs. 1 EStG sind Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer der Einkunftsarten zufließen. Diese Definition macht deutlich, dass Einnahmen nicht nur Geld, sondern beispielsweise auch in Sachleistungen bestehen können. Bekommt z. B. ein Mode-Blogger die präsentierte Uhr zum Dank „geschenkt“, stellt sich daher die Frage, wie dies steuerlich zu behandeln ist. In diesen Fällen dürfte regelmäßig ein Tausch vorliegen. In diesem Fall bemessen sich die Einnahmen des Bloggers bzw. auf der Seite des Auftraggebers, die Anschaffungskosten der empfangenen Leistung nach dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts gem. § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG.
Und die Umsatzsteuer?
Auch Blogger, Influencer und YouTuber können Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sein, denn Unternehmer ist bekanntlich, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausübt.
Da das Umsatzsteuerrecht keine Liebhaberei kennt, ist der wirtschaftliche Erfolg dabei also nicht maßgeblich. Die Umsatzsteuerpflicht kann sich daher auch dann ergeben, wenn ertragsteuerlich keine Einkünfte vorliegen. Sobald Blogger, Influencer, Reseller oder YouTuber Einnahmen erzielen, ist daher auch die Unternehmereigenschaft zu prüfen. Nachhaltig wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit dann ausgeübt, wenn sie auf Dauer zur Erzielung von Entgelten angelegt ist (vgl. BFH-Urteil v. 30.7.1986 – V R 41/76, v. 18.7.1991 – V R 86/87). Dies ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen. Die hierbei gemäß BFH-Urteil – V R 86/87 heranzuziehenden, nicht abschließenden Kriterien müssen gegeneinander abgewogen werden. Insbesondere in Betracht kommen hier die Planmäßigkeit des Handels, die Wiederholungsabsicht, die Beteiligung am Markt und die Intensität des Tätigwerdens sowie das Auftreten nach Außen (vgl. Abschnitt 2.3 Abs. 5 Satz 4 UStAE). So ist z. B. der planmäßige, wiederholte und mit erheblichem Organisationsaufwand verbundene Verkauf einer Vielzahl fremder Gebrauchsgegenstände über eine elektronische Handelsplattform auch dann nachhaltig, wenn diese Tätigkeit nur für eine kurze Dauer und ohne Gewinn ausgeübt wird (vgl. BFH-Urteil v. 12.8.2015 – XI R 43/13).
Wo ist der Ort der sonstigen Leistung?
Auch umsatzsteuerlich können Werbeeinnahmen insbesondere für YouTuber erhebliche Auswirkungen auslösen. So erbringt dieser im Fall der Monetarisierung (Beteiligung an den Werbeeinnahmen durch YouTube) eine sonstige Leistung i. S. d. § 3a Abs. 2 UStG. Ort dieser sonstigen Leistung ist dort, wo der Empfänger seinen Sitz hat. Diese Frage ist bei dem Firmengeflecht einiger Konzerne tatsächlich schwer zu klären, zumal die Nutzer häufig keine klare Abrechnung erhalten, was häufig auch die Frage nach einem eventuellen Quellensteuerabzug offen lässt.
Und die Nebengebiete?
Hier sollte zwingend die Künstlersozialabgabe beachtet werden. Sind Blogger, Influencer, YouTuber & Co tatsächlich als Künstler i. S. d. Künstlersozialversicherungsgesetzes einzustufen, so kann sie sich hier vergleichsweise günstig versichern. Aber Achtung! Nicht selten beauftragen diese auch fremde Dritte, um einen Betrag zu erstellen, wie z. B. Fotografen. In diesem Fall unterliegen die Blogger selbst als Auftraggeber der Abgabepflicht für die an den Künstler (hier: Fotograf) gezahlten Entgelte.
Fazit:
Die Ermittlung der Einkünfte und Umsätze der Online-Marketing-Rockstars ist mit großen Herausforderungen verbunden. Nicht nur die Anzahl der Klicks und Likes sind im Internet ersichtlich, sondern auch das Ranking bzw. die Charts und die geschätzten Umsätze dieser Stars sind z. B. auf der Seite https://socialblade.com/ einsehbar, auch wenn diese relativ vage sind und wohl der Mittelwert ein realistischer sein dürfte.
Als junge Selbständige bewegen sie sich in einem sehr dynamischen und unkonventionellen Bereich. Sie können m. E. durchaus Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 EStG erzielen. Die Einnahmen/Ausgaben sollten gut dokumentiert werden und die Steuervorauszahlungen regelmäßig angepasst werden, um keine Liquiditäts- oder steuerlichen Probleme zu riskieren. Es besteht allerdings die Gefahr, dass die Einkünfte zu gewerblichen Einkünften umzuqualifizieren sind.
Weitere Informationen:
Literaturhinweis:
Lesen Sie in der NWB-Ausgabe 26/2018 S. 1981 ff. (NWB DokID: AAAAG-86291) eine ausführliche Behandlung der Thematik unter dem Titel „Einkünfte X.0: Blogger, Influencer, YouTuber & Co. – Steuerliche Aspekte des Social-Media-Bereichs“ (für Abonnenten kostenlos).
Bitte beachten Sie:
Aufgrund der Vielzahl der Kommentare haben ist hierzu ein klarstellender Beitrag erschienen: Update Generation Y und Z / Einkünfte X.O: Abfärbung bzw. Umqualifizierung von Einkünften
Werden Einkünfte eines Einzelunternehmers tatsächlich umqualifiziert?
Besten Dank für Ihre Rückfrage. Ich hoffe nachfolgende Präzisierung hilft weiter: Ist die Tätigkeit bspw. als künstlerische Tätigkeit einzustufen und den Einkünften aus selbständiger Arbeit zuzuordnen, so kann eine Umqualifizierung erfolgen, wenn „schädliche“, gewerbliche Umsätze erzielt werden. Eine Umqualifizierung tritt allerdings nicht ein, wenn die sog. Bagatellgrenze nicht überschritten wird – so meine Auffassung.
Ich wüsste nicht warum ein Einzelunternehmer nicht gleichzeitig Einkünfte aus Gewerbebetrieb (aus Werbung) und Einkünfte aus selbständiger Arbeit (als Künstler) haben kann.
Die Abfärberegelung gilt nur für Personengesellschaften.
Stehen originär gewerbliche Einnahmen im Zusammenhang mit Einnahmen aus einer künstlerischen, selbständigen Tätigkeit, so ist die Summe dieser Einkünfte meines Erachtens dann gänzlich als gewerblich zu qualifizieren, wenn die Bagatellgrenze überschritten ist.
Wo steht es? 15 III Nr. 1 EStG bezieht sich nur auf Mitunternehmerschaften, eine andere Umqualifizierungsregel ist mir nicht bekannt.
Die Umqualifizierung finden Sie in Hinweis H 15.8 Abs. 5 „Bagatellgrenze“ EStH
Ja, nur lautet die Überschrift von R 15.8 „Mitunternehmerschaft“. Ganz R 15.8 und damit auch H 15.8 IIX gelten also nur für Mitunternehmerschaften und nicht für Einzelunternehmer. In H 15.8 V „Bagatellgrenze“ wird ausdrücklich Bezug auf 15 III Nr. 1 EStG genommen. Der wiederum bezieht sich – wie oben ausgeführt – nur auf Mitunternehmerschaften.
§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG enthält keine Umqualifizierung. Da der Gesetzgeber hier das Wort „gilt“ benutzt, handelt es sich hier um eine Fiktion.
Die Besteuerung von Personengesellschaften orientiert sich stets an der Besteuerung der Einzelunternehmer. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, so erzielt ein Einzelunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Aus diesem Grund gelten auch die Einkünfte der Personengesellschaften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Daher ist meines Erachtens die Bagatellgrenze auch hier anzuwenden.
Für die Leser, die ebenso wie ich stutzig geworden sind:
Anders als von Homuth (hier und in NWB Nr. 26 vom 25.06.2018 Seite 1891) wird dies (für Einzelunternehmer) gesehen in
– BFH IV B 35/98
– Schmidt, „EStG“, 37. Auflage, Rz. 97
– Weiss, NWB Nr. 32 vom 06.08.2018 Seite 2302, 1. Absatz letzter Satz.
=> „Trennung gemischter Tätigkeiten“
Wobei Schmidt, „EStG“ Rz. 97 auch den Ausnahmefall der einheitlichen gewerblichen Tätigkeit beschreibt.
Die Umqualifizierung / Fiktion aufgrund einer überschrittenen Bagatellgrenze durch einen Einzelunternehmer findet sich jedoch auch dort nicht.
Präzisierung Quellenangabe: Schmidt „EStG“, 37. Auflage, §15 Rz. 97, S. 1144