Angenommen, Sie und Ihr Nachbar haben Ihre Arbeitsplätze im Zentrum einer Großstadt. Sie mieten einen Parkplatz an, erhalten die Parkgebühren aber von ihrem Arbeitgeber erstattet. Ihr Nachbar kann von vornherein einen Parkplatz kostenlos nutzen. Nehmen wir weiter an, dass die Parkgebühren und der Wert des kostenlos nutzbaren Parkplatzes bei jeweils 100 Euro im Monat liegen.
Würden Sie es dann als gerecht empfinden, wenn Sie die Kostenerstattung Ihres Arbeitgebers der Lohnsteuer (und der Sozialversicherung) unterwerfen müssen, während Ihr Nachbar keinen Cent versteuern muss? Dass Sie also am Ende des Monats 40 oder 50 Euro weniger in der Tasche haben als Ihr Nachbar? Und der Nachbar möglicherweise nur zehn Schritte vom Parkplatz bis ins Bürogebäude gehen muss und Sie vielleicht 500 Meter zurücklegen müssen?
Nun, gerecht ist das wohl nicht. Richtig ist es aber schon.
Zum Hintergrund: Arbeitnehmer dürfen ihre Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nur mit der Entfernungspauschale steuerlich geltend machen. Damit sind alle gewöhnlichen Aufwendungen abgegolten, und zwar auch die Parkgebühren für das Abstellen des Kraftfahrzeugs während der Arbeitszeit.
Das Niedersächsische FG hat dies soeben bestätigt und sich mit der Frage des überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers beschäftigt. Danach gilt: Auch wenn die Erstattung von Parkkosten bei fehlenden kostenlosen Parkmöglichkeiten ein pünktliches Erscheinen der Beschäftigten am Arbeitsplatz und damit einen reibungslosen Betriebsablauf begünstige, so erfolge die Übernahme der Parkkosten dennoch nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, sondern immer auch im Interesse der Arbeitnehmer, die diese Kosten anderenfalls zu tragen hätten (Urteil vom 27.10.2021, 14 K 239/18).
Die Klägerin ist eine Krankenhausgesellschaft. An einem ihrer Standorte verfügte sie über keinen eigenen Parkplatz. Der gegenüber dem Klinikgelände gelegene Parkplatz wurde von einem Fremdanbieter betrieben und war entsprechend kostenpflichtig. Um der Forderung des Betriebsrats nach kostenfreien Parkplätzen für die Klinikbelegschaft nachzukommen, erstattete die Klägerin den Beschäftigten, die den kostenpflichtigen Parkplatz am Krankenhaus nutzten, gegen Nachweis die Parkgebühren. Nach Ansicht des Finanzamts und des Finanzgerichts waren diese Erstattungen lohnsteuerpflichtig.
Ein Interesse des Arbeitgebers bestehe zwar durchaus, doch dem steht die Tatsache gegenüber, dass die einem Arbeitnehmer entstehenden Kosten für das Parken seines privaten Fahrzeugs am Arbeitsort typischerweise von ihm selbst getragen werden. Dass die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Parkraum und Stellplätzen nicht zu besteuern ist, sei hier schon deshalb irrelevant, da ein anderer Sachverhalt betroffen sei (vgl. FinMin Nordrhein-Westfalen vom 28.9.2006, S 2334 – 61 – VB 3).
Die Richter des Niedersächsischen FG haben die Revision zugelassen. Es ist noch nicht bekannt, ob diese eingelegt wurde. Ich würde es mir zwar wünschen, bin aber skeptisch, ob der BFH dieser stattgeben wird.
Bei allem Verständnis für betroffene Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist es nun einmal so, dass die Entfernungspauschale eben – wie es der Name sagt – eine Pauschale ist und vermeintliche Ungerechtigkeiten hinzunehmen sind.
Das Urteil ist durchaus konsequent, wenn man die Prämisse setzt, dass Bargeld / Barerstattungen niemals im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgen können. An Geld hat nunmal jeder mindestens ein gleichwertiges Mit-Interesse, so dass das Arbeitgeberinteresse nicht überwiegen kann.
Das Krankenhaus hätte folglich mit dem Parkplatzbetreiber direkt verhandeln müssen und den Mitarbeitern dann die so gemieteten Parkplätze kostenlos zur Verfügung stellen können.
Was Stellplätze etc. angeht, ist die Finanzverwaltung aber maximal inkonsisten. Im FG Köln Urteil v. 15.03.2006 sieht sie in den überlassenen Stellplätzen einen zusätzlichen geldwerten Vorteil. Mittels Verfügung der OFD Münster v. 25.06.2007 wird das FG Urteil faktisch für nicht anwendbar erklärt und das Zurverfügungstellen von PKW-Stellplätzen generell im ganz überwiegend betrieblichen Interesse angesehen. Warum? Vermutlich weil man sonsts die ganzen schönen Stellplätze in den Finanzämtern, OFD`n und Finanzministerien als geldwerten Vorteil bei den Beamten hätte versteuern müssen. Es ist also davon auszugehen, dass die Beamten hinter dem FG Köln Urteil ordentlich auf die Mütze bekommen haben.
Spannend sind überdies die Fragen nach dem Vorsteuerabzug und nach der Einbeziehung in die Gesamtkosten eines PKW (zwecks Fahrtenbuchmethode).