Führt der nachträgliche Einbau eines Notentwässerungssystems zu Erhaltungsaufwand?

Da die Starkregenereignisse zunehmen, müssen gewisse Dächer nach den DIN-Vorgaben zusätzlich Notentwässerungen vorsehen. Ob die Kosten für ein zusätzliches bzw. für ein erst nach der Gebäudeerrichtung eingebautes Notentwässerungssystem sofort als Erhaltungsaufwand abziehbar sind oder ob nachträglicher Herstellungsaufwand vorliegt, muss wohl bald der BFH entscheiden.

Die Vorinstanz, das FG Düsseldorf, hat sich für die Annahme von Erhaltungsaufwand entschieden (Urteil vom 24.5.2024, 3 K 2044/18 F).

Der Sachverhalt:

Der Klägerin gehörte ein Gebäude mit einem Flachdach. Dieses wurde in den Jahren 1999 bis 2001 gebaut. Entsprechend den Vorgaben der DIN 19686-100 errichtete die Klägerin im Jahr 2010 neben dem bereits bestehenden Dachentwässerungssystem, bei dem das Regenwasser über Abflussrohre in die Kanalisation eingeleitet wird, ein Notentwässerungssystem mit eigenen Rohrleitungen, über die bei Starkregen etwaiges sich auf dem Dach stauendes Wasser auf Überflutungsflächen abgeführt wird. Die hierdurch entstandenen Aufwendungen behandelte sie als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand. Das Finanzamt nahm hingegen Herstellungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Die Begründung:

Der Einbau der Notentwässerungsanlage geht nicht über eine Modernisierung hinaus. Das Wesen der Modernisierung besteht darin, einem Gebäude den zeitgemäßen Standard wiederzugeben, den es ursprünglich besessen, durch den technischen Fortschritt und die Veränderung der Lebensgewohnheiten / Umweltanforderungen jedoch verloren hatte. Das in den Jahren 1999 bis 2001 errichtete Gebäude wurde mit einer den damaligen Vorschriften entsprechenden Dachentwässerungsanlage ausgestattet. Diese reichte aus, um die Standsicherheit nach damaligen Anforderungen zu sichern. Aufgrund des fortschreitenden Klimawandels und der damit einhergehenden Häufung von Starkregenereignissen wurden die technischen Anforderungen für Entwässerungsanlagen verschärft. Infolgedessen hat die Klägerin im Jahr 2010 die Notentwässerungsanlage eingebaut. Eine solche Anpassung des Gebäudes an die Zeitumstände bedeutet weder eine Substanzvermehrung noch eine Veränderung im Wesen, sondern lediglich eine Modernisierung.

Dass die neue Entwässerungsanlage zusätzlich zur alten Anlage errichtet wurde – das heißt etwas Neues hinzugefügt wurde – ändert daran nichts. Denn sowohl die bisherige als auch die neue Entwässerungsanlage erfüllen die gleiche Funktion, nämlich zu gewährleisten, dass sich auf dem Dach kein die Standfestigkeit des Gebäudes gefährdender Regenrückstau bildet. Das neue Entwässerungssystem ist – auch wenn es funktionsbedingt über eigene Rohrleitungen verfügt – nicht isoliert zu betrachten, sondern bildet mit dem bisherigen Entwässerungssystem eine Einheit. Nicht auf die Änderung des Entwässerungssystems, sondern auf die Änderung des Wesens des Gebäudes kommt es an. Das Wesen und insbesondere die Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes blieben im Streitfall völlig unverändert.

Denkanstoß:

Es wurde die Revision zugelassen, die auch bereits vorliegt. Das Az. lautet IV R 11/24. Zwar geht es in dem Revisionsverfahren in erster Linie um Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten, die im Besprechungsfall ebenfalls streitig waren. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich der BFH auch mit der Frage befasst, ob hinsichtlich der Kosten für das Notentwässerungssystem Erhaltungs- oder Herstellungsaufwand vorliegt.

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