Freikauf von der Veröffentlichungspflicht für Unternehmen? Frechheit siegt.

Sie haben sicherlich auch schon mal falsch geparkt und einen Strafzettel erhalten. Keine große Sache, denn schließlich ist dies nur eine Ordnungswidrigkeit. Diese landet nicht im Führungszeugnis und hat somit außer dem Bußgeld keine weiteren Konsequenzen.

So ähnlich ist dies auch bei der Nicht-Offenlegung von Jahresabschlüssen trotz einer bestehenden Pflicht. Unternehmen kassieren bei einer verspäteten Offenlegung ein Bußgeld. Dieses hängt von zwei Kriterien ab: Der Größe des Unternehmens und der Frage, ob es kapitalmarktorientiert ist.

Die Hintergründe

Derzeit führt ein Unternehmen die Hitliste der negativen Schlagzeilen an.. Das Bundesamt der Justiz hat seit 2011 insgesamt 650.000 € Bußgelder für die Nicht-Veröffentlichung von Jahresabschlüssen verhängt. Immerhin 380.000 € wurden auch bezahlt. Seit 2017 wurden überhaupt keine Ordnungsgelder mehr verhängt. Was ist sonst noch passiert? Nichts.

Anders als beim Bilanzskandal Wirecard geht es hier nicht um einen Milliarden-Schaden, sondern nur um Millionen. Da erscheinen Bußgelder von weniger als einer Million eher ein Kleinbetrag zu sein. Und wie sich auch gezeigt hat: Wenn man als Unternehmen gar keine Reaktionen mehr zeigt, lässt die Behörde irgendwann locker. Das klingt provokant – doch hier war dies der Fall, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete.

Seit den Aufdeckungen des Untersuchungsausschusses bei Wirecard kann mich zwar kaum noch etwas erschrecken, doch es zeigt sich hier deutlich: Ehrlichkeit und die Einhaltung von Regeln müssen sich für Unternehmen wieder lohnen. Andernfalls stellt sich irgendwann die Frage: Wozu noch ehrlich sein? Einfach mit großen Summen um sich schmeißen, große Visionen und Gewinne aufzeigen – und dann schaut kaum einer mehr so genau hin.

Jeder Buchhalter dürfte bei der folgenden Aussage Albträume bekommen: Laut dem Beitrag der Süddeutschen Zeitung wartet eine Mammut-Aufgabe auf den Insolvenzverwalter. Durch Versäumnisse müssen 700 (!) Jahresabschlüsse nachträglich noch erstellt werden. Bei einer solchen Anzahl stellt sich die Frage, ob denn auch keine Steuererklärungen abgegeben wurden? Haben auch die betroffenen Finanzämter Bußgelder verhängt für verspätet abgegebene Steuererklärungen?

Dringender Reformbedarf

Was sollte sich konkret ändern? Solche Fälle dürfen sich nicht wiederholen. Somit sollte überlegt werden, dass bei Überschreiten massiver Versäumnisgrenzen nicht nur Bußgelder verhängt werden – sondern auch mit strafrechtliche Konsequenzen zu rechnen ist. Ansonsten hinterlässt dies den Eindruck bei Unternehmen, die ihren Jahresabschluss verspätet veröffentlichen, dass sich richtig dreist sein lohnt sich, Einsicht zu zeigen eher nicht. Das wäre ein fatales Bild für Investoren.

Fazit:

Auch wenn das Image des deutschen Kapitalmarktes durch Wirecard ohnehin am Boden liegt, sollten wir nicht noch weitere Fälle haben, die diesen Eindruck immer weiter verstärken.

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