Folgen des Wirecard-Skandals: Die schwierige Suche nach einem neuen Abschlussprüfer

„Demnächst steht bei uns der Wechsel des Abschlussprüfers an. Die Suche wird schwierig werden.“ Eine Aussage aus meinen Gesprächen mit Vorständen und der Investor-Relations-Abteilung von börsennotierten Unternehmen bei meiner Tätigkeit als Hauptversammlungssprecherin der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

Ein Problem, dass künftig sicherlich noch mehr Unternehmen beschäftigen wird. Denn durch das FISG steht die Pflichtrotation für die betroffenen Unternehmen nun branchenunabhängig nach zehn Jahren an.

Gründe für die schwierige Suche

Wir haben spezielle Anforderungen an den Abschlussprüfer. Das ist einer der Gründe, die die Suche nach einer neuen Prüfungsgesellschaft schwierig gestaltet. So wurde mir dies seitens der Unternehmen berichtet. Eine Branche mit besonderer Komplexität wie beispielsweise eine Versicherung, die Kombination von Internationalität mit Expertise der Rechnungslegung nach US-GAAP und einige weitere gestalten beim anstehenden Wechsel des Abschlussprüfers die Suche nach einer neuen Gesellschaft als schwierig.

Der bisherige Abschlussprüfer muss gehen, ein neuer wird kommen. Doch häufig werden die Unternehmen von einer weiteren Prüfungsgesellschaft beraten, sodass diese als möglicher Kandidat aufgrund der strikten Trennung von Prüfung und Beratung ausscheidet. Schwierig wird es vor allem dann, wenn die Prüfungsgesellschaft aus dem Kreis der besonders großen Gesellschaften kommen sollte. Eine ist vielleicht aktuell Prüfer, eine andere berät das Unternehmen und EY scheidet aufgrund des derzeitigen Verbotes der APAS aus.

Das Problem der hohen Marktkonzentration in der Abschlussprüfung ist keinesfalls neu. Dies gab es auch bereits vor dem Zusammenbruch Wirecards und dessen Folgen. Vielmehr hat sich die Sorge nach einer weiteren Verschärfung der Marktkonzentration auch bereits im Untersuchungsausschuss von Wirecard im Bundestag gezeigt.

Zur Erinnerung: Aufgrund der anstehenden Bundestagswahl im September 2021 gab es hinsichtlich des FISG einen erheblichen Zeitdruck. Es fehlte daher die Zeit, intensiver über weitere Änderungen bzgl. mögliche Probleme einer weiteren Marktkonzentration zu diskutieren. Wir sollten nicht erst dann handeln, wenn mangels ausreichender Kapazitäten bei den Prüfungsgesellschaften immer mehr Unternehmen keinen Abschlussprüfer finden. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die künstliche Intelligenz so schnell die Lücke fehlender Wirtschaftsprüfer füllen kann.

Durch die verschärften Haftungsregeln seit dem FISG gibt es sicherlich immer mehr Gesellschaften, die die klassische Abschlussprüfung nicht mehr anbieten. Schließlich gibt es für Wirtschaftsprüfer auch weitere Dienstleistungen, die sie mit weniger Haftungsrisiko anbieten können. Absolut nachvollziehbar, wie ich finde. Denn am Ende muss ein Unternehmen schwarze Zahlen schreiben.

Verzweifelte Suche nach Lösungen

Was tun, wenn die Suche nach einem Abschlussprüfer ansteht und es keine bzw. kaum Bewerbungen auf die Ausschreibungen gibt? Eine sehr schwierige Frage, auf die ich keine leichte Antwort finde. Und auch mehr Fragen als Antworten habe.

Denn einige Ideen klingen in der Theorie toll, lassen sich in der Praxis aber nur schwierig oder mit einem immensen Aufwand umsetzen. Die gemeinsame Prüfung durch zwei Prüfungsgesellschaften beispielsweise.

Leider habe ich mehr Fragen als Antworten:

  1. Braucht es eine Honorarordnung, damit das Anbieten der Leistung Abschlussprüfung attraktiver wird? Wäre das überhaupt eine Lösung?
  2. Können mehr Kooperationen, vor allem auch auf internationaler Ebene, das Problem lösen? Doch das bleibt den Prüfungsgesellschaften selbst überlassen.
  3. Inwieweit kann durch künstliche Intelligenz die Expertise ausgebaut und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden?

Der Gesetzgeber sollte handeln. Schließlich legt er die Rahmenbedingungen fest: Prüfungs- und Rotationspflicht. Abzuwarten, bis sich das Problem immer weiter verschärft ist keine Lösung. Packen wir es an.

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