Firmenwagen: Müssen Kinder einen Pickup fahren?

Zugegeben: Die Überschrift ist reißerisch. Doch sie hat einen – steuerlich – ernsten Hintergrund. Der BFH hat nämlich kürzlich entschieden, dass für einen Pickup im Betriebsvermögen ein Privatanteil nach der Ein-Prozent-Regelung zu versteuern ist, wenn kein Fahrtenbuch geführt wird. Das gelte selbst dann, wenn sich im Privatvermögen ein oder sogar mehrere Kleinwagen befinden, die auch vom Ehegatten und den Kindern genutzt werden können, denn ein Pickup und ein Kleinwagen seien in Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar. Ein Pickup sei auch durchaus für Privatfahrten geeignet (BFH-Urteil vom 16.1.2025, III R 34/22).

Der Sachverhalt:

Zum Haushalt der Eheleute gehörten zwei volljährige Kinder. Im Privatvermögen hielten sie insgesamt drei Kleinwagen, die in erster Linie von den Kindern genutzt wurden. Der Ehemann war Inhaber eines Gartenbaubetriebs. Im Betriebsvermögen hielt der Ehemann einen BMW X3 und einen Ford Ranger, für die keine Fahrtenbücher geführt wurden. Für den BMW versteuerte er die Privatnutzung nach der Ein-Prozent-Regelung, während er für den Ford Ranger keinen Privatnutzungsanteil ansetzte. Das Finanzamt wandte demgegenüber auch für den Ford Ranger die Ein-Prozent-Regelung an, da die privaten Fahrzeuge (Kleinwagen) in Status und Gebrauchswert nicht mit diesem Pkw vergleichbar seien und nicht allen Familienmitgliedern jederzeit ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden habe. Die hiergegen gerichtete Klage hatte zwar Erfolg, doch der BFH hat der Revision des Finanzamts stattgegeben.

Die Begründung:

Kfz, die ihrer Art nach typischerweise zum privaten Gebrauch geeignet sind und die für Privatfahrten zur Verfügung stehen, werden regelmäßig auch privat genutzt. Der Anscheinsbeweis kann (nur) per Gegenbeweis entkräftet oder erschüttert werden. Dabei obliegt es demjenigen, der sich auf einen Ausnahmefall beruft, Umstände darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, die den Beweis des ersten Anscheins einer Privatnutzung des betrieblichen Kfz entkräften oder erschüttern. Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, mit dem betrieblichen Kfz sei niemand privat gefahren, genügt aber nicht, um den Beweis des ersten Anscheins einer Privatnutzung eines betrieblich genutzten Kfz zu erschüttern. Gelingt es dem Steuerpflichtigen, den Anscheinsbeweis zu erschüttern, muss das Finanzamt eine private Nutzung des betrieblich genutzten Kfz nachweisen. Kann es das nicht, ist die Ein-Prozent-Regelung nicht anwendbar. Gelingt es dem Steuerpflichtigen nicht, den Anscheinsbeweis zu erschüttern, ist die Ein-Prozent-Regelung anzuwenden.

So genannte Kombinationsfahrzeuge, die wahlweise zur Güter- oder zur Personenbeförderung eingesetzt werden können, sind unabhängig von ihrer kraftfahrzeugsteuer- und straßenverkehrsrechtlichen Klassifizierung typischerweise auch zum privaten Gebrauch geeignet und werden erfahrungsgemäß auch privat genutzt. Der Pickup des Klägers, ein Kfz mit fünf Sitzen, war ein solches Kombinationsfahrzeug, das zum privaten Gebrauch geeignet war. Er hatte in etwa die Größe eines Kleinbusses, wie ihn viele Familien nutzen. Eine derartige Größe ist kein Umstand, der für sich genommen den Anscheinsbeweis bzw. Erfahrungssatz widerlegt, dass das Fahrzeug auch privat genutzt wurde. Die Werbefolien des Betriebs auf der Karosserie des Pickup scheiden als Grund für die Erschütterung des Anscheinsbeweises der Privatnutzung des Kfz aus.

Der Kläger gab an, während der Arbeits- und Betriebszeiten nicht privat mit dem Pickup gefahren zu sein und mit ihm auch nicht zwischendurch Besorgungen gemacht zu haben. Dies genügt jedoch nicht, um den Erfahrungssatz einer auch privaten Nutzung des Pickup in Zweifel zu ziehen.

Der Verweis auf das Vorhandensein des BMW und auf die den Kindern überlassenen Wagen ist gleichfalls nicht geeignet, den Anscheinsbeweis zu erschüttern, dass der Pickup auch privat genutzt wurde, denn die Fahrzeuge im Betriebs- und im Privatvermögen waren in Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar. Der BMW war zwar mit dem Pickup in Status und Gebrauchswert vergleichbar. Dieser war jedoch ein Betriebsfahrzeug, wurde entsprechend auch in erheblichem Umfang betrieblich genutzt und stand schon deshalb nicht zur uneingeschränkten Privatnutzung zur Verfügung.

Denkanstoß

Letztlich geht es in Fällen wie den obigen fast immer um Einzelfallentscheidungen. Und fast immer kommt es zu Streitigkeiten in der Betriebsprüfung. Von daher ist nur auf der sicheren Seite, wer ein Fahrtenbuch für einen Pkw im Betriebsvermögen führt. Ansonsten droht die Versteuerung nach der Ein-Prozent-Regelung.

Aber ist tatsächlich ein „ordnungsgemäßes“ Fahrtenbuch erforderlich? Nein, nicht unbedingt, aber gewisse – aussagekräftige – Unterlagen und bestimmte Umstände, die den Anscheinsbeweis erschüttern, müssen schon vorliegen. Insofern sei hier auf den Beitrag „Fahrtenbuch nicht lesbar? Kein Problem, oder?“ und das BFH-Urteil vom 22.10.2024 (VIII R 12/21) verwiesen. Wer von vornherein keinerlei Aufzeichnungen führt, wird sich auf dieses Urteil allerdings nicht mit Erfolg berufen können.

Um noch einmal auf die Überschrift zurückzukommen. Dass die Gerichte auf „Status und Gebrauchswert“ eines Kfz abstellen, um die Privatnutzung entkräften zu können, liest sich zwar gut. Und es klingt schlüssig. Doch es  wäre schon etwas absurd, wenn man die vermeintliche Privatnutzung eines Pickup nur durch einen anderen Pickup erschüttern könnte. Soll nun wirklich jedes volljährige Kind im Haushalt einen eigenen Pickup fahren? Vielleicht hätte der BFH dazu doch noch ein paar Worte verlieren sollen.

Ein Beitrag von:

  • Christian Herold

    • Steuerberater in Herten/Westf. (www.herold-steuerrat.de)
    • Autor zahlreicher Fachbeiträge
    • Mitglied im Steuerrechtsausschuss des Steuerberaterverbandes Westfalen-Lippe

    Warum blogge ich hier?

    Als verantwortlicher Redakteur und Programmleiter zahlreicher Steuerfachzeitschriften, meiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung und meiner über 25-jährigen Arbeit als Steuerberater lerne ich das Steuerrecht sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht kennen. Es reizt mich, die Erfahrungen, die sich aus dieser Kombination ergeben, mit den Nutzern des Blogs zu teilen und freue mich auf viele Rückmeldungen.

Kommentare zu diesem Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

− 3 = 7

ARCHIV

Archive