Bereits mit dem Erlass vom 11. Dezember 2017 (S 2256-2017/003-52) hatte sich die Finanzbehörde Hamburg zur ertragsteuerlichen Behandlung des Handels mit Bitcoins auf der privaten Vermögensphäre auseinandergesetzt und damit eine für die steuerliche Beratung bedeutsame und zu beachtende Verlautbarung veröffentlicht.
Mit dem jüngsten Erlass vom 17. April 2023 (S 2257 – 2022/004) hatte die Finanzbehörde Hamburg abermals die Gelegenheit, im Bereich der Kryptowährungen ihre Auffassung zu bekunden. Gegenstand des diesmaligen Erlasses ist die ertragsteuerrechtliche Behandlung von Airdrops im Privatvermögen, und zwar von den ENS- und TNS-Airdrops (2021).
Mit Rekurs auf das BMF-Schreiben vom 10. Mai 2022 betreffend Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token (BStBl 2022 I S. 668) kommt die Finanzbehörde Hamburg zu der Schlussfolgerung, dass sowohl bei dem ENS-Airdrop als auch bei dem TNS-Airdrop (in 2021) der Steuerpflichtige bzw. der Nutzer im Vorfeld des Airdrops eine Leistung erbracht habe. Demgemäß soll es sich um einen sog. aktiven Airdrop handeln, der zu sonstigen Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG führe. Die Höhe bemisst sich dabei nach dem Marktkurs im Zeitpunkt des Zuflusses des aktiven Airdrops bzw. der erhaltenen Einheiten. Für die Frage der ertragsteuerlichen Relevanz ist von zentraler Bedeutung, ob ein passiver Airdrop oder ein aktiver Airdrop vorliegt.
Während das BMF-Schreiben hier interpretationsbedürftige bzw. auslegungsfähige Ausführungen enthält, kommt die Finanzbehörde offenkundig zu der Auffassung, dass es für den ENS-Airdrop zur Annahme eines aktiven Airdrops ausreiche, dass der Steuerpflichtige bzw. Nutzer eine ENS-Domain bereits vor dem 31. Oktober 2021 innehielt. Im Hinblick auf den TNS-Airdrops musste der Steuerpflichtige bzw. Nutzer eine TNS-Domain bereits vor dem 17. Dezember 2021 innehalten und über die Domain mindestens 15 Transaktionen getätigt sowie dabei mindestens 16 TerraUSD ausgegeben haben.
Während bei dem TNS-Fall die aktive Tätigkeit durchaus nachvollziehbar erscheint, darf dies bei dem ENS-Fall und dem alleinigen „Innehalten“ infrage gestellt werden.
Im Ergebnis dürfte für die Praxis mit entscheidend sein, die Abgrenzung zwischen einem aktiven und passiven Airdrops sowie einer aktiven und passiven Tätigkeit (Stichworte: Dulden, Unterlassen, Einzelbedingungen) genau zu prüfen und gegenüber dem Finanzamt offenzulegen. Dabei sollte auch die Frage Beachtung finden, inwieweit im konkreten Fall das „Zufallselement“ gegenüber (einer vermeintlichen) Leistung und Gegenleistung ggf. überlagernd zum Tragen kommt (Rn. 72, 29). Die vorgenannte Abgrenzungsproblematik dürfte auch dem BMF bewusst gewesen sein, denn in dem BMF-Schreiben behält sich die Finanzverwaltung mit der potenziellen Einstufung eines Airdrops als Schenkung eine alternative steuerliche Zugriffsmöglichkeit offen (Rn. 74). Dies gilt es ebenfalls bei der steuerlichen Betrachtung zu berücksichtigen.