Finanzbeamte schulen Gerichtsprüfer – merkwürdiges Verständnis der Gewaltenteilung

Stützt das Finanzamt eine Hinzuschätzung auf die Durchführung einer Kalkulation, so ist es verpflichtet, sowohl die Kalkulationsgrundlagen als auch die Ergebnisse der Kalkulation sowie die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offenzulegen. Wurde die Kalkulation in elektronischer Form durchgeführt, kann der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Übermittlung der Kalkulationsgrundlagen in elektronischer Form haben. So hat der BFH  am 25.07.2016 entschieden (X B 213/15, X B 4/16).

Es ist daraufhin ein Streit darüber entbrannt, ob der Steuerpflichtige auch einen Anspruch auf Herausgabe der Excel-Dateien mitsamt der hinterlegten Formeln hat, zum Beispiel um zu prüfen, ob sich bereits in der Formel ein Fehler eingeschlichen hat, der letztlich zu vollkommen falschen Ergebnissen führt.
Die Betriebsprüfungen wehren sich nun mit Händen und Füßen gegen die Herausgabe der Formeln und bieten sozusagen als Kompromiss an, man könne die gerichtseigenen Prüfer im Umgang mit den Excel-Programmen schulen, damit diese und die Richter anschließend hinreichend beurteilen könnten, ob eine Schätzung gemäß dem „Finanzamtsprogramm“ angemessen bzw. realitätsnah erfolgt ist.

Ich halte das für ein äußerst merkwürdiges Verständnis der Gewaltenteilung. Mir persönlich sind Berater bekannt, die immer wieder Fehler in den Berechnungen der Betriebsprüfungen entdeckt haben, und zwar bereits in den hinterlegten Formeln bzw. in den Grundannahmen. Dazu muss man aber zum einen Branchenkenntnisse zum Beispiel im Taxigewerbe und zum anderen ein hohes Interesse an Mathematik vorweisen können. Den meisten Beratern und Mandanten wird dieses Wissen verborgen bleiben.

Daher mein Appell: Die Finanzverwaltung sollte Kalkulationsprogramme nicht nur den Gerichten, sondern zum Beispiel auch Vertretern von Kammern und Verbänden zugänglich machen.

Weitere Informationen:

BFH v. 25.07.2016 – X B 213/15, X B 4/16 -nv-

 

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