Der Bundesrat hat am 8.7.2022 dem sog. Zinsanpassungsgesetz zugestimmt, das der Bundestag am 23.6.2022 beschlossen hat. Damit geht ein jahrelanger Streit um die Höhe der Finanzamtszinsen zu Ende. Den Auftrag des BVerfG hat der Gesetzgeber fristgerecht umgesetzt.
Hintergrund
Ich hatte wiederholt im Blog berichtet: Um die Höhe der Finanzamtszinsen nach § 233a AO in Höhe von 0,5 Prozent/Monat, also 6 Prozent im Jahr tobte ein jahrelanger Streit der Steuerzahler mit der Finanzverwaltung, der vor den Gerichten endete. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) rückte dann die Verhältnisse im Jahr 2018 wieder gerade und forderte den Gesetzgeber auf, bis spätestens Ende Juli 2022 den bisher geltenden festen Zinssatz von 6 Prozent ab 1.1.2019 rückwirkend verfassungskonform auszugestalten. Das Gesetz ist jetzt „unter Dach und Fach“, es wird in Kürze in Kraft treten.
Was gilt jetzt?
Rückwirkend für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 bestimmt das neue Gesetz den Zinssatz nach § 233a AO auf 0,15 Prozent pro Monat – also 1,8 Prozent pro Jahr. Die Angemessenheit des neuen Zinssatzes wird künftig evaluiert, erstmals zum 1.1.2026. Außerdem verankert das Gesetz eine bisher nur im Verwaltungsweg getroffene Regelung über den Erlass von Nachzahlungszinsen bei vor Fälligkeit freiwillig geleisteten Zahlungen. Sie erstreckt sich damit künftig auch auf die von Kommunen verwaltete Gewerbesteuer.
Bewertung
Positiv zu bewerten ist, dass der Gesetzgeber fristgerecht geliefert und die Anforderungen des BVerfG im Gesetz umgesetzt hat – auch wenn`s teuer wird für den Fiskus. Denn die Bundesregierung erwartet durch die Änderung bereits in diesem Jahr Mindereinnahmen von 2,46 Milliarden Euro und im kommenden Jahr von 530 Millionen Euro.
Positiv ist auch, dass der Gesetzgeber den Zinssatz nicht „betoniert“, sondern eine Evaluation im Gesetz verankert hat, nach der der Zinssatz erstmals zum 1.1.2026 überprüft und unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB wenigstens alle zwei Jahre angepasst wird. Das kann mittelfristig auch wieder zu einer Zinsanhebung des Zinses nach § 233 a AO führen, um „marktgerechte“ Zinsen abzubilden. Angesichts der aktuellen Inflationsentwicklung und des damit verbundenen Zinsanstiegs scheint dies kein fernliegendes Szenario zu sein.
Und eine weitere wichtige Botschaft für den Steuerzahler: Bei der rückwirkenden Neuberechnung der Zinsen wird dem Vertrauensschutz durch Anwendung des § 176 Abs. 1 Nr. 1 AO Rechnung getragen. Das bedeutet: Der neue Zinssatz gilt zwar auch für noch nicht bestandskräftig festgesetzte Erstattungszinsen. Auf Grundlage des alten Zinssatzes vorläufig festgesetzte Erstattungszinsen müssen aber grundsätzlich nicht anteilig zurückgezahlt werden, sondern bleiben beim Steuerzahler. Bei mehreren offenen Zinsfestsetzungen, bei denen Nachzahlungen und Erstattungen anfallen, wird aber eine Saldierung der Auswirkungen des neuen Zinssatzes auf Nachzahlungs- und Erstattungszinsen bis maximal „Null Euro“ erfolgen.
Quellen