Finanzamt will doppelt kassieren – Steuerzahler muss blechen

Im (Steuer-)Recht lassen sich für jedes Problem bekanntlich mehrere Meinungen vertreten. Unübersichtlich wird es, wenn sich das Finanzamt zwischen zwei Meinungen nicht entscheiden kann und daher einfach beide gleichzeitig vertritt. Vorprogrammiert ist ein Meinungsstreit der umsonst, aber keineswegs kostenfrei ist.

Der Fall begann harmlos. Ich berief mich für einen Mandanten rückwirkend auf eine Umsatzsteuerbefreiung. Das wohl dezent überforderte Finanzamt ordnete daraufhin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an, winkte die Befreiung aber schließlich zügig durch. Allerdings sollte auch die Vorsteuer zurückgezahlt werden. Damit war ich nicht so glücklich, war doch bereits vor einigen Jahren Verjährung eingetreten. Dieser nachvollziehbare Meinungsstreit führte sodann zur Klage auf Gewährung des Vorsteuerabzugs. So weit, so vertretbar.

Dann machte das Finanzamt allerdings einen Rückzieher bei der Steuerbefreiung und forderte die gerade erstattete Umsatzsteuer zurück. Auch dieser Fall landete bei Gericht.

Nun sollte mein Mandant also Umsatzsteuer bezahlen und zugleich die geltend gemachte Vorsteuer erstatten. Das löste bei ihm – überraschenderweise – wenig Begeisterung aus. Auf meinen Hinweis zur Doppelbesteuerung bekam ich vom Finanzamt eine erstaunliche Antwort: man sehe das Problem für den Steuerpflichtigen auch. Leider wisse man nicht, welches der beiden Gerichtsverfahren man verliere. Daher halte man sich lieber beide Optionen zunächst offen.

Das nenne ich sauberes Mikromanagement in der Finanzverwaltung. Schließlich blieb an mir die dankbare Aufgabe hängen, das dem Mandanten zu erklären. Dann vergingen einige Monate. Das Gericht hatte eine Entscheidung für Ende 2020 avisiert. Und als jede Hoffnung auf eine halbwegs zeitnahe Lösung verloren ward, trudelte tatsächlich noch ein Abhilfebescheid in der Vorsteuerklage ein. Was zu dem Richtungswechsel führte, bleibt leider ein Geheimnis. Vielleicht eine Erleuchtung beim Leiter der Rechtsbehelfsstelle? Ein freundlicher Gerichtshinweis ex parte? Alles Spekulatius, wie „Terrier“ Vogts sagen würde. Aus Sicht des Mandanten ist der Verfahrensausgang natürlich erfreulich. Nimmt man hingegen die Perspektive des Steuerzahlers ein, fragt man sich, ob die Verwaltung standardmäßig so großzügig mit den Haushaltsmitteln umgeht.

Nach weiteren sechs Wochen Bedenkzeit hat das Finanzamt inzwischen auch dem Kostenantrag zugestimmt. Ganz ohne Meinungsstreit wurden sämtliche Kosten der Rechtsverfolgung anerkannt, sogar einschließlich Umsatzsteuer. Wenn das mal keine guten Aussichten für die noch anhängige Klage auf Umsatzsteuerbefreiung sind…

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2 Gedanken zu “Finanzamt will doppelt kassieren – Steuerzahler muss blechen

  1. Das ist die zentrale Frage. Aus meiner Sicht hebelt § 14c UStG die Verjährung für die Umsatzsteuer aus, nicht aber für die Vorsteuer. Allerdings sind wir uns in dem Punkt mit dem Finanzamt nicht einig geworden…

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