FGO hat Vorrang vor der DSGVO

Kürzlich habe ich in dem Blog-Beitrag „Besteht ein Recht auf Akteneinsicht nach der DSGVO?“ auf eine Entscheidung des Niedersächsischen FG aufmerksam gemacht, das einen Anspruch auf Akteneinsicht mit der Begründung verneint hat, dass die Vorschriften der DSGVO im Bereich des Steuerrechts nur auf harmonisierte Steuern, wie etwa die der Umsatzbesteuerung, anwendbar seien, nicht dagegen auf dem Gebiet der Einkommensbesteuerung natürlicher Personen (Urteil vom 28.1.2020, 12 K 213/19). Jüngst ging es abermals um die Themen „DSGVO“ und „Akteneinsicht“; dieses Mal vor dem FG Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.12.2019, 2 K 770/17). Hier war aber nicht die Frage der Akteneinsicht an sich streitig. Vielmehr verlangte der Prozessbevollmächtigte offenbar digitalisierte Daten.

Der Sachverhalt:

Der Prozessbevollmächtigte einer Klägerin hatte beim FG beantragt, ihm Akteneinsicht durch Übersendung der vollständigen Akten im Original oder in Kopie in seine Kanzleiräume zu gewähren. Er verwies in seinem Antrag auf das „Gebaren“ des Beklagten, der erst nach Aufforderung des Senats nach der mündlichen Verhandlung die Akten im Original vorgelegt hatte. Dies mache eine umfangreiche Recherche am Arbeitsplatz erforderlich. Eine solche sei ihm in einem Gericht weder möglich noch zumutbar. Die Klägerin beantragte außerdem die Übersendung vollständiger Kopien der Akten gemäß Art. 15 DSGVO.

Das FG entschied jedoch, dass sich aus Art. 15 DSGVO kein Anspruch auf Übersendung von Aktenkopien ergebe. Dessen Anwendung im Finanzgerichtsverfahren normiere die FGO nicht. Dies entspreche Art. 23 Abs. 1 Buchst. f DSGVO zum Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und von Gerichtsverfahren. Die FGO gehe dem Datenschutzrecht und dem Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO vor.

Einsicht in Papierakten seinen im Übrigen grundsätzlich nur in den Räumen eines Gerichts oder einer Behörde unter Aufsicht eines im öffentlichen Dienst stehenden Bediensteten möglich sind. Es gebe keinen Rechtsanspruch auf die Übersendung von Akten oder die Überlassung vollständiger Kopien. Form und Ort der Akteneinsicht werde durch § 78 Abs. 2 und 3 FGO ausdrücklich geregelt. Danach werde den Beteiligten Einsicht in die in Papierform geführten Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten „in Diensträumen“ gewährt. Kanzleiräume eines Rechtsanwalts seien keine Diensträume. Besondere Gründe, die ausnahmsweise eine Aktenübersendung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. § 78 Abs. 3 S. 2 FGO verpflichte das FG nicht, Behördenakten zu digitalisieren. Daher müsse das FG keine elektronische Fassung der in Papierform geführten Behördenakten herstellen und hierauf einen elektronischen Zugriff ermöglichen.

Merke:

Jeder kleine Verein muss die DSGVO strengstens beachten, sonst drohen Abmahnungen und Bußgelder. Staatliche Organe scheinen dagegen bestens „abgeschirmt“ zu sein und dürfen weiterhin so arbeiten wie im 20. Jahrhundert.

Weitere Informationen:
Pressemitteilung FG Baden-Württemberg

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