Die Vererbung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie an die Kinder ist erbschaftsteuerfrei, und zwar zusätzlich zu bzw. unabhängig von den persönlichen Freibeträgen. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist jedoch, dass der Erblasser das Eigenheim vor dem Erbfall selbst bewohnt hat und die Erben die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen. Zudem gilt die Steuerbefreiung nur, soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 Quadratmeter nicht übersteigt.
Über einen interessanten Fall hatte nun das FG München zu entscheiden. Ich weiche hier einmal bewusst von dem Sachverhalt ab, um etwas plakativer aufzuzeigen, wo der Kern des Problems liegt: Die Mutter nutzte bis zu ihrem Tode zwei gleichartige Wohnungen zu eigenen Wohnzwecken, und zwar in einem zeitlichen Umfang von jeweils exakt 50 Prozent. Der Sohn erbt Wohnung Nummer 1, die Tochter erbt Wohnung Nummer 2. Beide nutzen die Wohnungen ihrerseits unverzüglich zu eigenen Wohnzwecken.
Nun entscheiden Sie: Erhalten sowohl der Sohn als auch die Tochter die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG? Oder wird diese nur für eine Immobilie, also ein Familienheim gewährt? Und wenn ja, für welche der beiden?
Antwort: Nach Auffassung des FG München ist eine mehrfache Begünstigung von Familienheimen ausgeschlossen (Urteil vom 16.6.2021, 4 K 692/20). Die Steuerbefreiung als Familienheim könne nur für ein einziges Objekt in Betracht kommen. Dies gelte sowohl bei gleichzeitiger Eigennutzung mehrerer Immobilien durch den Erblasser zu seinen Lebzeiten als auch im Falle zeitlich aufeinander folgender Eigennutzung verschiedener in seinem Eigentum stehender Immobilien. Die Steuerbefreiungsvorschrift begründe kein Recht des Erben, nach dem Erbfall auszuwählen, welche von mehreren ererbten Immobilien, die vom Erblasser nacheinander zeitweise selbst genutzt worden und aufgrund zwingender Gründe jeweils wieder verlassen worden waren, als Familienheim begünstigt sein soll.
Aber welche der beiden Immobilien ist denn nun begünstigt? Das FG versteht den vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck der Vorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStG in dem Sinne, dass die Steuerbefreiung nur auf diejenige Immobilie Anwendung finden soll, die als zeitlich letzte vor dem Erbfall die Funktion als Familienheim des Erblassers erfüllt hat. Zugegebenermaßen wird man das in der Praxis sicherlich leicht herausfinden können. In dem von mir oben dargestellten – rein theoretischen – Fall wird dagegen wohl eher das Los entscheiden müssen.