Die European Securities and Markets Authority (ESMA, deutsch: Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) ist Bestandteil des europäischen Finanzaufsichtssystems. In dieser Funktion veröffentlicht die ESMA einmal jährlich eine Übersicht über die getroffenen Entscheidungen der Aufsichtsbehörden zur Bilanzierung kapitalmarktorientierter IFRS-Bilanzierer. Der jüngste Bericht zeigt die im Rahmen der Stichproben-Überprüfung festgestellten Beanstandungen. In mehr als jedem fünften Fall wurde eine Korrektur der Abschlüsse verlangt, während in den restlichen Fällen die Korrektur in Folgeperioden durchgeführt werden konnte. Wo lagen die Fehler?
Vor der künftigen Erstanwendung neuer Standards sind in IFRS-Abschlüssen bereits Angaben zu den erwarteten Auswirkungen auf die Rechnungslegung zu machen. Das betraf zuletzt insbesondere die Umstellung der Bilanzierung von Finanzinstrumenten von IAS 39 auf IFRS 9 sowie die Umstellung der Regelungen zur Erlöserfassung von IAS 18 und IAS 11 auf IFRS 15. Dabei wurde zu IFRS 9 besonders bei Unternehmen außerhalb des Bankenbereichs beanstandet, dass die Ausführungen zu den Folgen der neuen Regelungen zu allgemein gehalten waren und dabei zu wenig auf die spezifische Situation des berichteten Unternehmens eingegangen wurde. Im Bereich der Kreditinstitute, die am meisten von IFRS 9 betroffen sind und seit vielen Jahren große Umstellungsprojekte betrieben haben, sah es besser aus. Auch bezüglich der Neuregelung der Erlöserfassung nach IFRS 15 zeigen die Angaben nicht durchgängig eine ausreichend spezifische Informationen insbesondere zu den quantitativen und qualitativen Auswirkungen der Erstanwendung. Bei künftigen Untersuchungen wird ein Augenmerk auf den Angaben zu den Folgen der Erstanwendung der neuen Leasingregelungen des IFRS 16 zum Ersatz von IAS 17 liegen. Darüber hinaus können auch Auswirkungen der Neuregelungen zur Abbildung von Versicherungsverträgen zu berichten sein, was nicht nur Versicherungsunternehmen betrifft, wie bereits in einem früheren Blog dargestellt wurde.
Eine weitere von den Überwachungsinstitutionen seit vielen Jahren festgestellte größere Baustelle ist die Bilanzierung Unternehmenszusammenschlüssen nach IFRS 3. Hier wurde zuletzt insbesondere beanstandet, dass die herangezogenen Prognosen für die Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes von immateriellen Gütern im Rahmen der Kaufpreisallokation nicht konsistent für die Folgebewertung, etwa die Bestimmung einer Nutzungsdauer, berücksichtigt wurden. Zwar kann es im Einzelfall gute Gründe für ein Auseinanderfallen geben, jedoch bedarf das einer guten Begründung. Unzureichend waren unter anderem auch die Angaben zur noch nicht abgeschlossenen Abbildung von Unternehmenszusammenschlüssen und auch zu negativen Unterschiedsbeträgen aus der Kapitalkonsolidierung, wozu ich jüngst in einem Blog berichtet hatte.
Ein weiteres Gebiet mit Verbesserungspotenzial ist die Kapitalflussrechnung nach IAS 7. Auch waren wiederum Beanstandungen bezüglich der Angabepflichten festzustellen, etwa zur Abgrenzung des Kapitalmittelfonds.
Die Regelungen zur CSR-Berichterstattung, auf die ich mit Bezug zum deutschen Recht in verschiedenen Blogs eingegangen war, zeigt ebenfalls Optimierungspotenzial. Das betrifft etwa die Angaben zu angewandten Konzepten und Due-Dilligence-Prozessen, fehlende Hinweise auf korrespondierende Posten im Abschluss und auch hier wieder zu unspezifische allgemeine Ausführungen in der nichtfinanziellen Erklärung.
Schließlich wurden auch die Angaben zu APM („Alternative Performance Measures“ oder „Alternative Leistungskennzahlen“) untersucht. Auch hierzu ist einiges in den Blogs nachzulesen. Dabei geht es darum, nicht standardisierte Leistungskennzahlen, etwa ein bereinigtes Ergebnis, so transparent darzustellen, dass die Abschlussleser eine sachgerechte Interpretation vornehmen können. Diesbezüglich berichtet die ESMA über nur wenige Mängel, etwa bezüglich geforderter Überleitungsrechnungen zu Abschlusszahlen, Definition und Erläuterung der verwendeten APM.
Weitere Informationen:
ESMA, Enforcement and Regulatory Activities of European Accounting Enforcers in 2018 (auf www.esma.europa.eu)
Lesen Sie hierzu auch meine Beiträge im NWB Experten-Blog:
- Revolution der Leasingbilanzierung durch IFRS 16 und die Folgen
- IFRS 16 – Wann ist er anzuwenden?
- IFRS 16 – Wann ist ein Lease ein Lease?
- Laufzeit eines Leasingverhältnisses nach IFRS 16
- IFRS 16: Bedeutung der Leasingraten für die Bewertung beim Leasingnehmer
- Eingebettete Derivate bei Leasingverhältnissen nach IFRS 16
- IFRS 17 betrifft uns nicht – Schnell geirrt!
- Gewinne durch M&A von renditeschwachen Unternehmen – ein Aprilscherz?
- Wesentlichkeit und andere schwer fassbare Rechtsbegriffe im Rahmen der nichtfinanziellen Erklärung
- Risiken überall – Lagebericht und nichtfinanzielle Erklärung
- CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz verabschiedet
- Was sind wir doch alle so verantwortungsbewusst
- Inhalte der nichtfinanziellen Erklärung
- APM – Was ist das schon wieder?
- Alternative Performance Measures und IFRS – braucht man wirklich zusätzliche Regelungen?