Wer sich der Mühe unterzieht und für seinen Dienstwagen ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, muss dennoch alle Kosten einzeln und belegmäßig nachweisen – so der eiserne Grundsatz. Anders als bei der Nutzung eines privaten Kfz für Dienstreisen ist auch eine Schätzung von Treibstoffkosten nicht erlaubt. Das FG München hatte im Jahre 2018 entschieden, dass eine Schätzung von Aufwendungen selbst dann nicht in Betracht kommt, wenn der Arbeitgeber die Kosten seiner Dienstwagen nicht im Einzelnen erfasst hat und es dem Arbeitnehmer daher nahezu unmöglich ist, die Aufwendungen zu belegen (Urteil vom 29.1.2018, 7 K 3118/16).
Interessanterweise war es ebenjenes FG München, das von dem Grundsatz des Einzelnachweises ein Stück weit abgerückt ist (Urteil vom 16.10.2020, 8 K 611/19). Doch der BFH hat das Urteil wieder kassiert: Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen – im Urteilsfall der Treibstoffkosten – schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode ohne „Wenn und Aber“ aus (BFH-Urteil vom 15.12.2022, VI R 44/20).
Der Sachverhalt:
Die Klägerin überließ zwei Arbeitnehmern firmeneigene Fahrzeuge, die diese auch privat nutzen durften. Beide Arbeitnehmer führten ordnungsgemäße Fahrtenbücher. Das Finanzamt stellte aber fest, dass zur Berechnung der tatsächlichen Treibstoffkosten geschätzte Werte hinsichtlich der Verbrauchswerte der Fahrzeuge und der Treibstoffpreise zugrunde gelegt worden waren. Der Grund hierfür war, dass die Betankung der Fahrzeuge an einer betrieblichen Zapfsäule ohne Anzeige der Mengenabgabe und des Preises erfolgt war. Daraufhin berechnete der Prüfer den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzung der Firmen-Pkw pauschal nach der Ein-Prozent-Methode. Das war rechtens – so der BFH.
Die Begründung ist relativ einfach: Es ist der Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG, von dem nicht abgewichen werden darf. Hier heißt es: „Der Wert … kann mit dem auf die private Nutzung …. entfallenden Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte …. zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.“
Denkanstoß:
Wenn Fahrtenbücher ausnahmsweise einmal einer genauen Prüfung standhalten und auch tatsächlich feststeht, dass Benzinkosten entstanden sind, sollte man die Fahrtenbuchmethode eigentlich nicht deshalb verwerfen, weil aus betriebsinternen Gründen eine genaue Zuordnung der Benzinkosten nicht möglich ist. Aber es hilft nichts. Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig und dem BFH blieb daher wohl auch kein Entscheidungsspielraum.
Übrigens: Bei Elektrofahrzeugen erlaubt die Finanzvewaltung sogar ausdrücklich eine Schätzung von Stromkosten beim Aufladen an der heimischen(!) Steckdose (BMF-Schreiben vom 29.9.2020, BStBl 2020 I S. 972). Nun gut, es geht hier nicht explizit um § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG, sondern um den Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG sowie um die Anrechnung von selbst getragenen individuellen Kosten des Arbeitnehmers für Ladestrom auf den Nutzungswert. Aber letztlich betrifft es doch wieder den „belegmäßigen Kostennachweis“. Es wäre interessant zu wissen, wie der BFH daher bei Elektro-Kfz entscheiden würde: Muss jeder einzelne Ladevorgang mitsamt der jeweiligen Kosten einem bestimmten Kfz zugeordnet werden können? Wohl ja, wenn er seiner Linie treu bleibt.