Die seit dem Jahre 2014 geltende Rechtslage zu Reisekosten und zur Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte sorgt immer wieder für Streitigkeiten. Äußerst umstritten sind nach wie vor einzelne Fälle rund um Zeit- bzw. Leiharbeitnehmer. Mit zwei Urteilen aus dem Jahre 2019 (VI R 36/16 und VI R 6/17) hatte der BFH zwar versucht, für Klarheit zu sorgen, doch offenbar ist ihm dies nicht zur Gänze gelungen.
Jedenfalls lässt ein Urteil des Niedersächsischen FG vom 28.5.2020 (1 K 382/16) aufhorchen, das viele Zeitarbeitnehmer betreffen dürfte. Etwas vereinfacht gesagt haben die Richter entschieden: Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu einem Zeitarbeitsunternehmen stehen, können selbst dann nur die Entfernungspauschale für ihre Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte geltend machen, wenn das Zeitarbeitsunternehmen mit dem jeweiligen Entleiher des Arbeitnehmers eine Befristung der Tätigkeit vereinbart hat. Gegen das Urteil, das nachfolgend kurz vorgestellt werden soll, liegt die Revision unter dem Az. VI R 32/20 vor.
Der Sachverhalt:
Der Kläger befand sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu dem Zeitarbeitsunternehmen A. Eingesetzt war der Kläger dann vereinbarungsgemäß ab Vertragsbeginn ausschließlich und durchgängig bei der Firma B. Das Leiharbeitsverhältnis des Klägers war nach den zwischen A (Verleiher) und B (Entleiher) geschlossenen Vereinbarungen befristet. Der weitere Einsatz bei der Firma war also davon abhängig, dass diese nach Ablauf der jeweiligen Frist mit A ein weiteres (befristetes) Leiharbeitsverhältnis begründete. Dies ist bis über das Streitjahr 2014 hinaus stets geschehen. Im Streitjahr selbst war der Kläger zunächst für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. September und danach vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember im Rahmen eines befristeten Leiharbeitsverhältnisses zwischen A und B tätig. In seiner Steuererklärung machte der Kläger für seine Fahrten von der Wohnung zu seinem Einsatzort bei B Fahrtkosten mit 30 Cent pro gefahrenen Km geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab und berücksichtige nur die Entfernungspauschale. Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG zurück.
Die Begründung des FG:
Der Kläger hatte an seinem Einsatzort bei B seine erste Tätigkeitsstätte. Denn er war diesem Einsatzort dauerhaft zugeordnet. Es handelt sich nicht um einen Fall der so genannten Kettenabordnung. Denn der Kläger ist für einen Einsatz bei B eingestellt und ausschließlich dort eingesetzt worden. Dieser Einsatz war nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls sowohl für den Kläger als Arbeitnehmer als auch für A als Arbeitgeber von vornherein so gestaltet, dass der Kläger bis auf Weiteres, also nicht befristet bei B eingesetzt werden sollte. Das zwischen A und B bestehende Leiharbeitsverhältnis war zwar befristet. Darauf kommt es aber im Streitfall nicht an. Im Ergebnis hing der Einsatz des Klägers bei B zwar davon ab, dass B das Leiharbeitsverhältnis nach Ablauf der jeweils mit A vereinbarten Frist fortsetzte. Damit ging es dem Kläger aber nicht anders als einer Vielzahl von Arbeitnehmern, deren Einsatz z.B. von der Auftragslage des Arbeitgebers abhängt. Für die Annahme einer dauerhaften Zuordnung des Klägers zur ersten Tätigkeitsstätte bei B ist auch unerheblich, dass nach dem Arbeitsvertrag ein Einsatz bei anderen Kunden von A (theoretisch) möglich war. Auch hier unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis des Klägers aber nicht wesentlich von denjenigen Arbeitsverhältnissen, bei denen Arbeitgeber nicht ein Zeitarbeitsunternehmen ist.
Hinweis:
Es bleibt nun abzuwarten, wie der BFH die Sache beurteilt. In seinem Urteil vom 10.4.2019 (VI R 6/17) hat er immerhin ausgeführt, dass das Vorliegen eines befristeten Leiharbeitsverhältnisses die Annahme einer dauerhaften Zuordnung nicht ausschließt.
Weitere Informationen:
- BFH, Urteil v. 11.04.2019 – VI R 36/16
- BFH, Urteil v. 10.04.2019 – VI R 6/17
- Niedersächsisches Finanzgericht , Urteil v. 28.05.2020 – 1 K 382/16, Rev. AZ VI R 32/20