Das FG Düsseldorf hat eine höchst interessante und durchaus praxisrelevante Entscheidung zu der Frage gefällt, wieweit die erbschaftsteuerliche Befreiung für ein Familienheim geht, wenn sich hinter dem Hausgrundstück ein separates Gartengrundstück mit einer eigenen Flurstück-Nummer befindet. Zwar ist das Urteil zuungunsten der Erbin ausgefallen, allerdings ist immerhin die Revision zugelassen worden (Urteil vom 16.5.2018, 4 K 1063/17 Erb).
Zum Sachverhalt: Die Klägerin hat ein Familienheim (Einfamilienhaus) geerbt, das sich auf dem Flurstück 1 mit ca. 1.800 qm befindet. Geerbt hat sie zudem ein Gartengrundstück (Flurstück 2, ca. 1.700 qm), welches direkt an Flurstück 1 anschließt. Beide Flurstücke sind aufgrund einer im Jahr 1969 erteilten Baugenehmigung einheitlich eingefriedet.
Die Klägerin nutzt beide Flurstücke „zu eigenen Wohnzwecken“ und begehrte die Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG für beide Einheiten. Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nur für das Flurstück 1. Es vertrat die Ansicht, dass es sich um zwei selbständige wirtschaftliche Einheiten handele. Das Flurstück 2 sei unbebaut und falle daher nicht in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung. Im Klageverfahren trug die Erbin vor, dass es sich nach der Verkehrsanschauung um eine wirtschaftliche Einheit handele. Beide Flurstücke hätten ursprünglich im Eigentum der Stadt Z gestanden und seien einheitlich als „Bürgermeistergrundstück“ bezeichnet worden. Die Flurstücke trügen dieselbe Adresse C-Straße, obwohl das Flurstück 2 keinen Zugang zu dieser Straße habe. Beide Grundstücke seien seit jeher einheitlich als Wohnhausgrundstück mit Garten genutzt worden. Das Finanzgericht hat die Klage dennoch abgewiesen. Das Finanzamt habe die Steuerbefreiung zu Recht nur für das Flurstück 1 gewährt. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks nicht an den Begriff der wirtschaftlichen Einheit anknüpfe.
Vielmehr sei dieser Begriff zivilrechtlich auszulegen. Das Flurstück 2 werde daher nicht von der Steuerbefreiung umfasst.
Hinweis: Die Entscheidung ist auch deshalb misslich, weil in ähnlichen Fällen gegebenenfalls trotz der räumlichen Verbundenheit der Grundstücke zwei Gutachten erforderlich sind, wenn ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen werden soll. Dadurch werden doppelte Kosten produziert. Andererseits sollte sich die Finanzverwaltung sehr genau überlegen, ob es wirklich ratsam ist, die Düsseldorfer Auffassung „durchzuziehen.“ Denn wenn ein Gutachter schon beide Grundstücke separat bewertet, kann er auch nur die jeweiligen – eigenständigen – Nutzungsmöglichkeiten berücksichtigen. Ist also Flurstück 2 gar nicht ohne Nutzung des Flurstücks 1 zugänglich, hat es im Prinzip nur einen äußerst geringen Verkehrswert, denn es ist nicht marktfähig. Das heißt: Für die Frage der Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG ist das Urteil zwar negativ. Sollte es sich aber um Flurstück 1 um ein Mietwohngrundstück handeln, könnte die Sache ganz anders aussehen. Denn dann würde der Grund und Boden-Wert des Gartengrundstücks nur mit einem minimalen Betrag anzusetzen sein.
Siehe zu dem Thema der wirtschaftlichen Einheit auch: Finanzgericht Hamburg vom 3 K 141/16