EU-Taxonomie: Wirtschaftsprüfer pfeifen die EU-Bürokraten zurück

Das IDW macht sich für Unternehmen stark und fordert Vereinfachungen bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung. In einem Schreiben an die EU-Kommissare vom 9. Januar 2025 bringt das Institut der Wirtschaftsprüfer wichtige Anliegen auf den Punkt. Schauen wir uns einmal an, was die Wirtschaftsprüfer fordern.

Der Ruf nach Entlastung

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist derzeit ein echter Kraftakt für Unternehmen. Zwar verstehen alle die Bedeutung einer nachhaltigen Wirtschaft, aber der bürokratische Aufwand ist mittlerweile enorm. Das IDW fordert daher eine Vereinfachung der Berichterstattung, mehr Rechtssicherheit für Unternehmen und eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands um mindestens 25%. Diese Forderungen stehen im Einklang mit der Budapester Erklärung des Europäischen Rates, die eine drastische Reduzierung der Verwaltungs-, Regulierungs- und Berichterstattungslasten für europäische Unternehmen vorsieht.

Kritik an unklaren Regelungen

Ein besonderer Dorn im Auge der Wirtschaftsprüfer sind die vielen FAQ-Dokumente der EU-Kommission. Statt Klarheit zu schaffen, werfen diese oft mehr Fragen auf als sie beantworten. Manche Erklärungen gehen über Rechtstexte hinaus, widersprechen früheren Dokumenten oder zwingen Unternehmen zu zusätzlichem Aufwand. Das IDW plädiert für eine Anpassung der Taxonomie-Verordnung und der ergänzenden delegierten Rechtsakte, wenn die FAQs wesentlich von den Rechtstexten abweichen. Dies würde nicht nur Rechtssicherheit für die Unternehmen schaffen, sondern auch sicherstellen, dass diese Anforderungen das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen.

Pragmatische Lösungen gefordert

Das IDW kämpft für eine pragmatische und unbürokratische Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Konkret fordert das Institut, dass Tochtergesellschaften nicht jede Kleinigkeit einzeln berichten müssen und dass freiwillige Angaben möglich bleiben. Zudem soll die Berichterstattung auf Konzernebene vereinfacht werden. Das IDW vertritt die Auffassung, dass es basierend auf den verbindlichen Rechtstexten keine Verpflichtung gibt, Taxonomie-KPIs auf Tochtergesellschaftsebene in einem konsolidierten Nachhaltigkeitsbericht offenzulegen. Mit diesen Forderungen setzt sich das IDW für eine Balance zwischen notwendiger Transparenz und praktikablem Aufwand ein. Die Wirtschaftsprüfer wollen damit einen Beitrag leisten, die Nachhaltigkeitsberichterstattung effektiver und effizienter zu gestalten.

Und mein Senf dazu

Vereinfachung klingt gut. Aber ehrlich gesagt frage ich mich seit letztem Jahr: Was bringt die EU-Taxonomie wirklich – mehr Nachhaltigkeit oder einfach nur umfangreichere Geschäftsberichte? Seit zwei Jahren versuche ich, die Tabellen in den Geschäftsberichten der Unternehmen zu durchdringen. Mein Ziel? Herauszufinden, wie ich anhand dieser Tabellen verschiedene Unternehmen in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit vergleichen kann. Aufgrund fehlender Kennzahlen ist das aber nicht immer möglich (siehe dazu meinen Blogbeitrag vom Juni 2024).  Und manche Unternehmen sind schon sehr nachhaltig unterwegs, auch wenn das aus den Tabellen der EU-Taxonomie noch nicht hervorgeht.

Am Ende des Tages geht es nicht darum, dass Unternehmen mehr Arbeit haben, Wirtschaftsprüfer mehr prüfen können und beides aus Unternehmenssicht zu steigenden Kosten führt, sondern dass Investoren etwas an die Hand bekommen, um Unternehmen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit vergleichen zu können. Das gilt auch für Banken, denn Nachhaltigkeit spielt bei der Kreditvergabe eine immer größere Rolle. Doch bei der Fülle an Vorgaben stellt sich die Frage, wie aussagekräftig die Tabellen wirklich sind.

Ich hoffe, dass die EU-Kommission die Forderungen des IDW ernst nimmt. Denn Nachhaltigkeit darf kein Bürokratiemonster sein. Wenn Nachhaltigkeit nur auf dem Papier existiert, haben wir am Ende viele Berichte – aber wenig Veränderung.

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