Der V. Senat des BFH hat in seinen Urteilen vom 10.06.2020 (Az. V R 16/17) und vom 23.07.2020 (Az. V R 17/17) Leitlinien aufgezeigt, wann es sich bei Clubveranstaltungen mit bekannten DJs um Konzerte oder konzertähnliche Veranstaltungen handeln kann, mit der Folge, dass die Eintrittsgelder aus diesen Veranstaltungen dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Für die von der Corona-Pandemie gebeutelte Veranstaltungs- und Clubbranche sind die Entscheidungen von großer Bedeutung, da sich aus ihnen für die Konzeptplanung für eine post-Corona Zeit wichtige Erkenntnisse ziehen lassen.
Im Ergebnis geht es darum, ob für Veranstaltungen, bei denen (bekannte) DJs. in Clubs oder Eventlocations auftreten, der ermäßigte Umsatzsteuersatz aus § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG greift. Um in den Genuss der Steuersatzermäßigung zu kommen, muss es sich also um ein Konzert oder eine konzertähnliche Veranstaltung handeln. Dafür sind laut dem BFH grundsätzlich zwei Voraussetzungen erforderlich:
- Die Veranstaltung muss unter den – weit auszulegenden – Konzertbegriff des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG fallen.
- Der DJ-Auftritt muss der Veranstaltung das Gepräge geben.
Weiter Konzertbegriff erfasst DJs
Die erste Voraussetzung dürfte in der Praxis die kleinere Hürde sein. Der BFH sieht grundsätzlich bei hinreichend individualisierten DJ Auftritten (Mischpult etc.) die Voraussetzungen eines Konzerts als gegeben an. Das bloße Abspielen eines Tonträgers oder einer Spotify-Playlist (o. ä.) durch einen DJ ist hingegen kein Konzert (vgl. BMF, Schr. v. 12.11.2020 – III C 3 -S 7177/17/1000, Tz. 4).
DJ-Auftritt als Gepräge der Veranstaltung?!
Schwieriger ist die zweite Grundvoraussetzung, dass der DJ-Auftritt den eigentlichen Zweck der Veranstaltung (ihr Gepräge) ausmacht. Der Grundsatz, dass hierfür die Sicht eines Durchschnittsbesuchers maßgeblich ist, macht eine rechtssichere Einordnung der jeweiligen Veranstaltungen nicht einfacher. Hier sind die Grenzen zwischen regelbesteuerten Tanz- und Partyveranstaltungen und ermäßigt besteuerten Konzerten häufig fließend. Pauschale Antworten lassen auch die aktuellen BFH Entscheidungen nicht zu.
Denn es kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden, ob der DJ mit seinem Auftritt (ähnlich wie bei einem Pop- oder Rock-Konzert) tatsächlich eine so große Bedeutung für ein Publikum einnimmt, dass dahinter andere Motive des Besuchers (z.B. feiern, tanzen, trinken, flirten etc.) deutlich zurücktreten.
Bei einem Vergleich mit anderen Musikveranstaltungen wird deutlich, dass bei DJ-Events in einem Club umso genauer argumentiert werden muss. Während bei einem Auftritt einer bekannten Band in einem Fußballstadion oder bei Festivals das Gepräge der Veranstaltung recht deutlich durch die Musiker bestimmt wird, bedarf es hierfür bei einer Club-Veranstaltung eines größeren Argumentationsaufwands.
Dabei stellen sich unterschiedliche Fragen: Kommt das Publikum tatsächlich überwiegend wegen des DJs? Ist dies auch objektivierbar, beispielsweise durch vorherige Ankündigungen besonderer DJ-Events und den Ablauf der Veranstaltung?
Eine Vorband ist beispielsweise bei einem „gewöhnlichen“ Konzert ebenfalls üblich; dass die Besucher auch noch nach dem Ende der Musikaufführung stundenlang weiterfeiern (wie z.B. nach einem DJ-Auftritt in einem Club durchaus denkbar) ist hingegen eher untypisch. Welche Rolle spielen Preisgestaltung und Einlasskriterien? Ab wann stehen feiern, Alkohol, Fflirten oder andere Dinge (z.B. sog. Darkrooms) so sehr im Vordergrund, dass sie das Gepräge der Veranstaltung ausmachen und der DJ mit seiner Musik in den Hintergrund tritt?
Abgrenzungskriterien und Ausblick
Die aktuellen BFH-Entscheidungen ermöglichen es, bestimmte Abgrenzungskriterien herauszuarbeiten (siehe hierzu meinen Beitrag mit einer Übersicht in Heft 22/2020 der USt direkt digital). Es ist zu begrüßen, dass der BFH der sich ändernde Kulturlandschaft Rechnung trägt und die Trennlinie zwischen regelbesteuerten Tanz- und Partyveranstaltungen und ermäßigt besteuerten DJ-Konzerten zugunsten Letzterer verschiebt.
Die Veranstaltungsbranche sollte hier aufmerksam sein um für zukünftige Event-Konzepte im vorneherein eine rechtssichere umsatzsteuerliche Behandlung sicherzustellen, wenn es dann hoffentlich irgendwann heißt: „Let´s party again!“
Weitere Informationen:
BFH, Urteil v. 10.06.2020 – V R 16/17
BFH, Urteil v. 23.07.2020 – V R 17/17
BMF – III C 3 – S 7177/17/10001
NWB-News:
Umsatzsteuer | Ermäßigter Steuersatz für Techno- und House-Konzerte I (BFH)
Lesen Sie zu dieser Problematik den ausführlichen Beitrag von Dr. van Lück in Umsatzsteuer direkt digital 22/2020
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Erstaunlich welches Verständnis der BFH inzwischen der aktuellen Clubszene entgegenbringt. Ich wage mal zu behaupten das solche Urteile vor Jahren noch undenkbar waren. Dies sei insbesondere hinsichtlich des vermutlich sehr bekannten Clubs in Berlin, welcher das BFH Urteil V R 17/17 erstritten hat, betont. Der Name des Clubs dürfte selbst in München gewisse Assoziationen hervor rufen. Das selbst hier der ermäßigte Umsatzsteuersatz gelten kann, Respekt.