Erhaltungsrücklage: Werbungskostenabzug bereits bei Einzahlung in die Rücklage?

Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage, früher als Instandhaltungsrücklage oder Instandhaltungsrückstellung bezeichnet, dürfen vom jeweiligen Wohnungseigentümer erst dann als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der Verwalter sie verausgabt hat. Wird die Erhaltungsrücklage ausnahmsweise für Maßnahmen verwendet, die zu Herstellungskosten führen, sind nur die entsprechenden Absetzungen für Abnutzung als Werbungskosten abziehbar.

Voraussetzung ist natürlich, dass die Wohnung der Einkünfteerzielung dient. Diese Grundsätze gelten bereits seit vielen Jahren und werden – soweit ersichtlich – von der Finanzverwaltung auch nach der Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes durch das Wohnungseigentums-Modernisierungsgesetz vom 16.10.2020 (BGBl I 2020, 2187) vertreten (vgl. OFD Frankfurt/Main, Verfügung vom 9.11.2022, S 2211 A – 12 – St 214). Nach der gesetzlichen Neuregelung besitzen die Wohnungseigentümergemeinschaft eine eigene Rechtsfähigkeit.

Nun muss der BFH klären, ob die bisherigen Grundsätze zur ertragsteuerlichen Behandlung der Erhaltungsrücklage weiter anzuwenden sind. Die Rechtsfrage in dem Verfahren mit dem Az. IX R 19/24 lautet: Stellen Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage (vormals Instandhaltungsrücklage) nach der Novellierung des WEG bereits in diesem Zeitpunkt des Abflusses (§ 11 Abs. 2 EStG) ertragsteuerlich sofort abzugsfähige Werbungskosten bei einer vermieteten Wohnung dar, unabhängig von der späteren Mittelverwendung und deren steuerlicher Einordnung? Vorinstanz war das FG Nürnberg (Urteil vom 12.3.2024, 1 K 866/23).

Denkanstoß

Die Erhaltungsrücklage (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG) mag wirtschaftlich betrachtet zwar anteilig dem jeweiligen Wohnungseigentümer zuzuordnen sein, vermögensrechtlich gehört die Rücklage aber der Eigentümergemeinschaft. Insofern wäre es eigentlich logisch, wenn die Einzahlungen in die Erhaltungsrücklage tatsächlich bereits im Zeitpunkt des Abflusses beim Wohnungseigentümer und nicht erst im Zeitpunkt der Verausgabung durch den Verwalter abgezogen werden dürften.

Wohnungseigentümer können sich natürlich – zunächst – weiter auf die bisherige steuerliche Handhabung berufen und die Beiträge zur Erhaltungsrücklage (erst) in dem Zeitpunkt steuerlich geltend machen, in dem der Verwalter sie für die Wohnungseigentümergemeinschaft tatsächlich verausgabt hat. Wenn es aber steuerlich günstig ist, sollte man den Abzug bereits im Zeitpunkt der Einzahlung beantragen und sich auf das beim BFH anhängige Verfahren berufen.

Noch ein Wort zu eigengenutzten Wohnungen: Hier kommt ein Abzug der Kosten nach § 35a Abs. 3 EStG in Betracht. Allerdings gilt auch hier noch: Wenn einmalige Kosten durch eine Entnahme aus der Erhaltungsrücklage finanziert werden, können die Aufwendungen erst im Jahr des Abflusses aus der Rücklage oder im Jahr der Genehmigung der Jahresabrechnung, die den Abfluss aus der Instandhaltungsrücklage beinhaltet, berücksichtigt werden (BMF-Schreiben vom 10.1.2014, BStBl 2014 I S. 75).

Lesen Sie hierzu auch meinen Blog-Beitrag:
Instandhaltungsrücklage: Grunderwerbsteuer versus Einkommensteuer

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