Die zum 01.07.2020 befristete Absenkung der Mehrwertsteuersätze auf 16% bzw. 5% hatte aufgrund ihrer Kurzfristigkeit viele Unternehmen vor Herausforderungen gestellt. Mit einem umfassenden BMF-Schreiben vom 30.06.2020 hatte das Finanzministerium versucht, diesen Herausforderungen Herr zu werden. Viele Fragen blieben allerdings weiterhin bestehen.
Ergänzendes BMF-Schreiben vom 04.11.2020 bringt Klarheit
Mit Datum 04.11.2020 hat das BMF nunmehr ein ergänzendes Schreiben (III C 2 -S 7030/20/10009 :016) zur Mehrwertsteuersatzsenkung veröffentlicht. Auf insgesamt 10 Seiten geht das Ministerium dabei auf offene Fragen ein, welche sich bei der Unternehmerschaft in den letzten Monaten im Zusammenhang mit der Absenkung der Steuersätze gestellt haben und welche bislang ungelöst geblieben sind.
Ausführungen finden sich vor allem zu den Bereichen:
- Voraus- und Anzahlungsrechnungen;
- Ausgabe eines Gutscheins für einen verbindlich bestellten Gegenstand sowie von Restaurantgutscheinen;
- Erstattung von Pfandbeträgen;
- Gewährung von Jahresboni;
- Herstellerrabatt bei der Abgabe pharmazeutischer Produkte;
- Besteuerung von Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen sowie von Abwasserbeseitigung;
- Besteuerung von Personenbeförderungen im Schienenbahnverkehr, im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen und im Verkehr mit Oberleitungsomnibussen;
- Sonder- und Ausgleichszahlungen bei Miet- oder Leasingverträgen;
- Anzuwendender Steuersatz bei Gesamtmargenbildung nach 25 Abs. 3 Satz 3 UStG;
- Differenzbesteuerung nach 25a Abs. 4 UStG;
- Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements.
Auch der Bereich der „Leistungen des Gerüstbauerhandwerks“ erhält mit RZ. 20 einen gesonderten Abschnitt und stellt klar, dass die „Montage und Demontage“ eines fachmännisch montierten Gerüsts lediglich Nebenleistungen zur Hauptleistung „Grundvorhaltung des Gerüsts für eine bestimmte Zeit“ darstellen, da die „Auf- und Abbauleistungen mit der zeitlichen Überlassung des Gerüsts eng zusammenhängen und zwangsläufig in ihrem Gefolge vorkommen.“
Ergänzendes BMF-Schreiben war notwendig!
Nicht nur die Länge, sondern auch die einzelnen Aspekte des BMF-Schreibens zeigen, dass die Unternehmen mit der zum 01.07.2020 kurzfristig beschlossenen Senkung der Steuersätze auf Zeit ihre Probleme hatten. Zu kurz war für viele die Vorlaufzeit, was zu weitreichenden Fragen in der Praxis führte. Auch das BMF-Schreiben vom 30.06.2020 konnte hier nicht umfassend Abhilfe schaffen. Dass das BMF die kritischen Aspekte nunmehr in einem ergänzenden BMF-Schreiben aufgegriffen hat und auf viele offene Sachverhalte eingeht, ist zielführend. Positiv zu sehen ist, dass auf ganz unterschiedliche Fragestellungen aus der Praxis eingegangen wird – wie beispielsweise oben gezeigt anhand der Gerüstbauhandwerk-Branche – und so für viele Unternehmer Sicherheit in der Anwendung hergestellt werden kann.
Neue Herausforderungen zum 31.12.2020
Neue Fragestellungen werden die Unternehmerschaft allerdings in Kürze wieder vor Herausforderungen stellen. Denn zum 31.12.2020 endet die zeitliche Befristung der Steuersatzsenkung. Oftmals wird die Umstellung dabei deutlich mehr darstellen als ein einfaches „Hochsetzen der Steuersätze“. Auch hier stellen sich Fragen, wie beispielsweise Anzahlungen, Gutscheine oder Dauerleistungen zu behandeln sind. Zwar beinhaltet das BMF-Schreiben vom 30.06.2020 bereits erste Hinweise. Dazu sind insbesondere die Randziffern 47 bis 53 lesenswert. Inwiefern das BMF hier allerdings weitere Ausführungen veröffentlichen wird, bleibt abzuwarten. Denn auch das neue, ergänzende BMF-Schreiben vom 04.11.2020 beinhaltet bereits eine Vielzahl von Hinweisen, wie die Umstellung zu vollziehen ist.
Weitere Informationen:
BMF v. 04.11.2020 – III C 2 – S 7030/20/10009 :016