Erbschaftsteuerliche Begünstigungen: Lang andauernde Erbauseinandersetzung ist unschädlich – oder?

§ 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG sieht für die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims unter bestimmten Voraussetzungen und bis zu einer bestimmten Größe eine erbschaftsteuerliche Befreiung vor. Wichtig für die Steuerbegünstigung: Das Familienheim muss „unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sein“. Und „unverzüglich“ bedeutet „Einzug bzw. Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten“. So zumindest der Grundsatz. Maßgebend ist das BFH-Urteil vom 28.5.2019 (II R 37/16). Ein späterer Einzug oder eine spätere Erbauseinandersetzung führen nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zum steuerfreien Erwerb des Familienheims. Der Erbe muss dann aber glaubhaft darlegen, dass er diese Verzögerung nicht zu vertreten hat, beispielsweise im Fall einer dringend notwendigen Renovierung.

Nun sind sechs Monate aber keine lange Zeit. Gerade komplexe Erbauseinandersetzungen können sich über mehrere Jahre hinziehen. Und für diese Fälle hat das FG Düsseldorf ein erfreuliches Urteil gefällt. Es hat entschieden, dass im Einzelfall auch ein Zeitraum von drei Jahren bis zur Erbauseinandersetzung unschädlich sein kann (Urteil vom 21.4.2021, 4 K 1154/20 Erb).

Etwas vereinfacht ging es um folgenden Sachverhalt: Der Kläger und sein Bruder sind zu je 1/2 Erben ihrer im Jahr 2015 verstorbenen Eltern. Zum Nachlass gehörte auch das Familienheim. Zum Zwecke der Erbauseinandersetzung trafen die Brüder erst im Jahr 2018 eine Vereinbarung. Unter anderem erhielt der Kläger von seinem Bruder dessen hälftigen Eigentumsanteil an dem Familienheim. Da der Kläger die andere Hälfte des Familienheims selbst geerbt hatte, wurde er somit Alleineigentümer der Immobilie. Er wohnte bereits in dem Familienheim und beantragte beim Finanzamt die volle – und nicht nur die hälftige – erbschaftsteuerliche Befreiung für das Familienheim. Das Finanzamt lehnte dies ab. Eine Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah – also innerhalb von sechs Monaten – nach dem Erbfall erfolge. Hier seien zwischen dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung jedoch drei Jahre vergangen. Folglich könne die Steuerbefreiung nur für den unmittelbar geerbten Anteil des Klägers, nicht jedoch den vom Bruder übertragenen Anteil gewährt werden. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Im Streitfall sei der für einen Begünstigungstransfer erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Vermögensaufteilung und dem Erbfall gegeben. Ein solcher Zusammenhang könne auch dann noch bestehen, wenn die Auseinandersetzung – etwa bei komplexen Vermögenslagen und zu klärenden Bewertungsfragen – erst längere Zeit nach dem Erbfall erfolge. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass es aufgrund eines neuen Willensentschlusses der Erben zu einer Vermögensübertragung gekommen sei.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, die nunmehr beim Bundesfinanzhof unter dem Az. II R 12/21 anhängig ist.
(Mehr Details in der NWB Online-Nachricht: Erbschaftsteuer Begünstigungs-transfer erfordert keine Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten)
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Der BFH hat seinerzeit entschieden, dass bei einer längeren Erbauseinandersetzung kein „schuldhaftes Verzögern vorliegt. Im o.g. Urteil heißt es dazu: „Solche Gründe können z.B. vorliegen, wenn sich der Einzug wegen einer Erbauseinandersetzung zwischen Miterben oder wegen der Klärung von Fragen zum Erbanfall und zu den begünstigten Erwerbern über den Sechsmonatszeitraum hinaus um einige weitere Monate verzögert.“ So weit, so gut. Allerdings spricht der BFH von „einigen weiteren Monaten“ und nicht von „Jahren“.

Es wird spannend sein, ob der BFH im Besprechungsfall dennoch einen Ausnahmefall von der Sechsmonatsfrist anerkennt. Zu wünschen wäre es, zumal die Werte für Immobilien zuletzt drastisch gestiegen sind und mithin hohe Erbschaftsteuern drohen. Dabei ist gerade bei den Erben von Einfamilienhäusern oftmals gar nicht die Liquidität vorhanden, um die Steuern ohne Weiteres bezahlen zu können. Zugegebenermaßen wird sich das Mitleid bei denjenigen, die erst gar nichts erben, in Grenzen halten.


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