Erbschaftsteuerbefreiung für lediglich vergleichbares Eigenheim? Gute Idee, aber leider verworfen

Die Vererbung des selbstgenutzten Familienheims ist unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG). Unter anderem muss der Erbe die Immobilie nach der Erbschaft zehn Jahre lang selbst zu Wohnzwecken nutzen. Das Niedersächsische FG hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass als Familienheim jedoch nur die Immobilie gelten kann, in der der Erblasser tatsächlich gewohnt hat. Selbst wenn zur Erbmasse eine Eigentumswohnung gehört, die mit der vom Erblasser genutzten Wohnung nahezu identisch ist, kann die andere Wohnung nicht als Familienheim gewertet werden.

Wird also vom Erben nach dem Tod des Erblassers nicht das tatsächliche Familienheim, sondern lediglich eine vergleichbare Wohnung genutzt, so scheidet die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG aus (Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.3.2024, 3 K 154/23).

Der Sachverhalt:

Der Kläger ist alleiniger Erbe seiner verstorbenen Mutter. Zur Erbmasse gehörten mehrere Wohnungen in einem Mehrfamilienhaus. Darunter befanden sich die von der Mutter bis zu ihrem Tod selbst bewohnte Wohnung A sowie die vom Kläger von der Mutter angemietete Wohnung B. Ein Umzug des Klägers in die Wohnung der verstorbenen Mutter erfolgte nicht. Er wohnte weiterhin in der Wohnung B. Die Wohnung A vermietete er an Dritte. Der Kläger begehrte eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für die Wohnung B. Es handele sich um nahezu identische Wohnungen im selbigen Objekt. Er habe es als sinnvoll erachtet, die in der Vergangenheit angemietete Wohnung weiter zu bewohnen und nicht mit der zuvor von seiner Mutter bewohnten Wohnung zu tauschen. Der Umzug von einer Etage in die andere in eine baugleiche Wohnung sei aus sinnhaftigkeits- und verfahrensökonomischen Gründen unterblieben. Finanzamt und FG konnten sich mit dieser Begründung aber nicht anfreunden und versagten die Steuerbefreiung.

Die Begründung:

Der Tatbestand von § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG ist nicht erfüllt, da die Erblasserin die Wohnung B nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und sie daher kein begünstigungsfähiges Familienheim darstellt. Auch hinsichtlich der Wohnung A ist der Tatbestand von § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nicht erfüllt. Die Wohnung A stellte zwar das Familienheim der Erblasserin dar, da sie bis zu ihrem Tode darin gewohnt hat. Der Kläger ist als Kind der Erblasserin auch eine von der Befreiungsvorschrift erfasste Person. Er hat das Familienheim jedoch nicht unverzüglich nach dem Erbfall zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt, denn er zog nicht in diese Wohnung ein. Die Wohnung A als Familienheim kann auch nicht durch die Wohnung B ersetzt werden, denn die Vorschrift ist nicht dahingehend auszulegen, dass das Familienheim durch eine andere Wohnung im selben Mehrfamilienhaus substituiert werden kann.

Denkanstoß:

Aus Gründen der Praktikabilität kann man den Erben verstehen. Und die Idee, dass ein Surrogat als Familienheim gelten könne, ist irgendwie auch ganz charmant. Es ist aber nicht verwunderlich, dass der Kläger damit weder das Finanzamt noch das FG überzeugen konnte. Er hätte ins „echte“ Familienheim, also in die Wohnung seiner Mutter, einziehen müssen. Den „Fehler“ kann er auch nicht mehr heilen, denn der Einzug hätte unverzüglich erfolgen müssen. „Unverzüglich“ bedeutet grundsätzlich „innerhalb von sechs Monaten“, wobei es von dieser Frist Ausnahmen gibt. Beachten Sie dazu den Blog-Beitrag „Erbschaftsteuerbefreiung fürs Familienheim: Wird die Sechs-Monats-Frist zunehmend aufgeweicht?“.

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