Die Erbschaftsteuer kann mitunter recht hoch ausfallen. Besonders gilt dies, wenn die Erben nicht mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt sind und die persönlichen Freibeträge daher gering sind. Von daher sind Erben gut beraten, möglichst alle Frei- und Pauschbeträge ausnutzen und vor allem auch die Nachlassverbindlichkeiten geltend zu machen. Aber was sind eigentlich Nachlassverbindlichkeiten? Darüber kann es heftigen Streit mit dem Finanzamt geben, denn es gibt „echte“ Nachlassverbindlichkeiten, Nachlassregelungskosten und Nachlassverwaltungskosten.
Kürzlich hat das FG Köln entschieden, dass Kosten für die Lagerung von Nachlassgegenständen nicht abziehbar sind, da sie den Kosten der Nachlassverwaltung- bzw. -verwertung zuzuordnen sind. Gleiches gilt für Beratungskosten im Zusammenhang mit der Veräußerung des Nachlasses (FG Köln, Urteil vom 18.8.2022, 7 K 2127/21).
Der Sachverhalt war recht komplex und soll hier nur verkürzt wiedergegeben werden:
Der Erblasser hinterließ unter anderem wertvolle Antiquitäten, Uhren, Bilder und Teppiche. Da dem Testamentsvollstrecker für den erforderlichen Verkauf die notwendige Expertise fehlte, beauftragte er eine Dienstleisterin mit der Sichtung, Lagerung und Inventarisierung der Sammlungen sowie letztlich auch mit der Vermittlung der Veräußerungen. Die Dienstleisterin fungierte hinsichtlich der Veräußerung der Nachlassgegenstände auch als Beraterin. Die entstandenen Kosten erkannte das Finanzamt jedoch nicht als Nachlassverbindlichkeiten oder Nachlassregelungskosten an. Einspruch und Klage blieben insoweit ohne Erfolg.
Die Begründung, ebenfalls in aller Kürze:
Sowohl die Lager- als auch die Beratungskosten stellen Nachlassverwaltungskosten der Erben und keine Nachlassverbindlichkeiten bzw. Nachlassregelungskosten dar, denn diese Kosten dienten allein der Verwertung der zum Nachlass gehörenden Kunstgegenstände. Zwar sind als Nachlassverbindlichkeiten auch die Kosten für die „Verteilung des Nachlasses” abziehbar, insbesondere die Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB. Unter Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft ist die Verteilung der Nachlassgegenstände unter den Miterben nach Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten zu verstehen. Im Streitfall gehe es aber nicht um die „Verteilung einzelner Nachlassgegenstände” auf die jeweiligen Miterben, sondern vielmehr um die Veräußerung aller Nachlassgegenstände, um den Erlös auf die einzelnen Miterben aufzuteilen.
Auch Kosten, die dem Erben im Zusammenhang mit der Erfüllung eines vom Erblasser angeordneten Vermächtnisses entstehen, sind als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Dazu bedürfe es aber einer wirksamen erbrechtlichen letztwilligen Verfügung im Sinne einer (Veräußerungs-)Auflage. Diese habe im Streitfall nicht vorgelegen.
Denkanstoß:
Die Revision wurde zugelassen. Es bedürfe nach Ansicht des Senats einer höchstrichterlichen Entscheidung darüber, welche Aufwendungen als Kosten für die Verteilung des Nachlasses steuermindernd anzuerkennen sind, insbesondere welche Aufwendungen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gemäß § 2042 BGB dem Steuerabzug unterfallen. Ob die Revision tatsächlich eingelegt wurde, ist leider noch nicht bekannt. Jedenfalls sollten Erbschaftsteuerfestsetzungen in ähnlichen Fällen zunächst noch offengehalten werden.
Wie komplex das Thema Nachlassverbindlichkeiten sein kann, zeigt übrigens auch der Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.2.2022 (S 3810 BStBl 2022 I S. 224), in dem es um den Abzug von Steuerberatungskosten für die Steuerangelegenheiten des Erblassers sowie um Kosten für Haushaltsauflösung und für Räumung einer Wohnung geht. Der Erlass sollte im Zweifelsfall zur Hand genommen werden.