Erben sind gut beraten, möglichst alle Verbindlichkeiten des Erblassers sowie Erbfallkosten zusammenzustellen und in der Erbschaftsteuererklärung geltend zu machen. Fraglich ist, ob auch Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung des Erblassers abziehbar sind. Denn die Erben müssen dessen Einkommensteuererklärung zumindest für das Todesjahr – und falls vom Erblasser nicht mehr erledigt – auch für das Vorjahr bzw. die Vorjahre abgeben. Hat der Erblasser Steuern hinterzogen, trifft die Erben sogar die Pflicht zur Berichtigung der Steuererklärungen des Erblassers.
Die Finanzverwaltung ist der Auffassung, dass der Erblasser noch zu seinen Lebzeiten den Steuerberater beauftragt haben muss, um die Kosten als Nachlassverbindlichkeit anzuerkennen. Diese Grundsätze gelten auch für Steuerberatungskosten, die dem Erben anlässlich einer Berichtigung bzw. Selbstanzeige für ursprünglich vom Erblasser abgegebene Steuererklärungen entstehen. Den Erben trifft als Gesamtrechtsnachfolger gemäß § 153 Abs. 1 AO eine Berichtigungspflicht hinsichtlich der noch vom Erblasser abgegebenen Steuererklärungen, soweit er deren Unrichtigkeit erkennt. Beauftragt der Erbe zur Erfüllung seiner vom Erblasser herrührenden steuerlichen Pflichten einen Steuerberater, rühren die Beratungskosten, anders als die privaten Steuerschulden des Erblassers (vgl. BFH 4.7.2012, II R 15/11), gerade nicht vom Erblasser her, sondern werden erst in der Person des Erben begründet. Sie sind nicht als Erblasserschulden i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig (vgl. Bayerisches Landesamt für Steuern vom 11.1.2016, S 3810.2.1 – 21/5 St 34).
Soeben hat das FG Baden-Württemberg aber entschieden, dass die vom Erben für die Erstellung berichtigter Steuererklärungen gezahlten Steuerberatungskosten die Erbschaftsteuer mindern. Es widerspricht damit der Auffassung der Finanzverwaltung (Urteil vom 15.5.2019, 7 K 2712/18).
Der Sachverhalt: Nach dem Tod ihres Vaters stellte die Tochter fest, dass dieser Kapitalerträge in der Schweiz erzielt hatte, die er bislang in seinen Einkommensteuererklärungen verschwiegen hatte. Die Tochter ließ daraufhin berichtigte Einkommensteuererklärungen 2002 bis 2012 erstellen und musste Steuerberatungskosten in Höhe von 9.856 EUR tragen. Diese machte sie in ihrer Erbschaftsteuererklärung mindernd gelten. Das Finanzamt setzte jedoch die Erbschaftsteuer fest, ohne die Aufwendungen für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen zu berücksichtigen.
Die Klage der Tochter war erfolgreich. Das FG berücksichtigte die Steuerberatungskosten als Nachlassverbindlichkeiten. Die Verpflichtung, unvollständige Steuererklärungen zu berichtigen, sei auf die Erbin übergegangen. Komme diese ihrer Nacherklärungspflicht nach, erfülle sie eine bereits bestehende Verpflichtung des Erblassers. Für ein „Herrühren vom Erblasser“ sei nicht maßgeblich, wer den Steuerberater beauftragt habe, sondern wer zur Abgabe vollständiger und richtiger Steuererklärungen ursprünglich verpflichtet gewesen sei. Dies sei der Verstorbene gewesen. Einem Abzug stehe nicht entgegen, dass die Erbin die Erklärungspflichten ohne Steuerberater hätte erfüllen können. Der Fiskus habe ihre Entscheidung, einen Berufsträger zu beauftragen, zu akzeptieren.
Die Finanzverwaltung hat Revision eingelegt (Az. II R 30/19). Es bleibt abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird.
Weitere Informationen:
- BFH v. 04.07.2012 – II R 15/11
- Bayerisches Landesamt für Steuern v. 11.01.2016 – S 3810.2.1 – 21/5 St 34
- FG Baden-Württemberg, Urteil v. 15.5.2019 – 7 K 2712/18; Revision anhängig, BFH-Az. II R (NWB Online-Nachricht v. 16.07.2019)