Erbschaft- und Schenkungsteuer an die aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen anpassen

Unter diesem Tenor hat der Freistaat Bayern einen Entschließungsantrag im Bundesrat eingebracht, der am 18. September zur Beratung im Bundesrat aufgerufen werden soll. Im Wesentlichen zielt der Vorstoß der Bayerischen Staatsregierung darauf ab, die persönlichen Freibeträge anzuheben. Zur Begründung wird in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die persönlichen Freibeträge für Vermögensübertragungen im engsten Familienkreis zuletzt vor zehn Jahren angepasst wurden und aufgrund der Wertentwicklungen der letzten Jahre erhöht werden sollten. „Sowohl die Inflation als auch die steigenden Immobilienpreise führen dazu, dass die Freibeträge inzwischen einen wesentlichen Teil ihrer Entlastungswirkung verloren haben“ (BR-Drucks. 408/20 v. 28. Juli 2020, S. 1).

In diesem Zusammenhang wird auch auf die unterschiedlichen Wertentwicklungen in den Bundesländern abgestellt und als Reformansatz eine unterschiedliche Freibetragshöhe ins Spiel gebracht. Durch eine Ergänzung von Art. 105 Abs. 2a der Finanzverfassung im Grundgesetz soll es den Ländern ermöglicht werden, die Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung der persönlichen Freibeträge zu erhalten.

Zudem regt die Bayerische Staatsregierung eine Erhöhung der Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke an, damit Immobilienvermögen nach einer Erbschaft nicht verkauft werden muss, umso den steigenden Mieten entgegenzuwirken. „Die höhere Steuerbefreiung soll nur unter der Voraussetzung gewährt werden, dass der Vermieter sich für eine gewisse Zeit zur Weitervermietung verpflichtet und die Immobilie innerhalb dieses Zeitraumes nicht veräußert. Hierdurch wird den strengen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichtes an die Gewährung einer Steuerbefreiung Rechnung getragen“ (BR-Drucks. 408/20 v. 28. Juli 2020, S. 2).

Die Reformvorschläge des Freistaats Bayern sind im Kern begründet. Bei einer Reform der Freibeträge sollten allerdings die Wechselwirkungen von sachlicher Steuerbefreiung (z.B. für das Familienheim) und persönlicher Steuerbefreiung im Blick gehalten werden. Eine Erhöhung der Freibeträge scheint aber, ungeachtet dieser Wechselwirkungen, gerechtfertigt.

Als weitere Reformalternative wäre ebenfalls eine (zumindest punktuelle) Entkopplung der persönlichen Freibeträge vom Verwandtschaftsgrad denkbar. Da die persönlichen Freibeträge sehr schnell abschmelzen, tragen diese den aktuellen Familienkonstellationen nur noch unzureichend Rechnung. Ein Steuerpflichtiger, der bspw. jahrelang seine Großtante gepflegt und betreut hat, verfügt über einen persönlichen Freibetrag i.H.v. 20.000 Euro. Der gleiche Freibetrag kommt bei einer Vererbung unter Geschwistern zur Anwendung.

Neben Änderungen bei den persönlichen Steuersätzen wird im Antrag auch eine Reform der Steuerbefreiung von Unternehmensvermögen angeregt. Hierbei sollen die Erfahrungen mit dem ab 1. Juli 2016 geltenden Recht bei den Nachbesserungen im Hinblick auf die Steuerbefreiung von Unternehmensvermögeneingebunden werden, da „diese nicht im vollen Umfang der Vielfalt der unternehmerischen Tätigkeit gerecht werden“ (BR-Drucks. 408/20 v. 28. Juli 2020, S. 2).

 

Ein Beitrag von:

  • Prof. Dr. Matthias Hiller

    • Steuerberater und Professor für Rechnungswesen und Steuerlehre an der SRH Fernhochschule – The Mobile University
    • Schwerpunkte: Bilanzsteuerrecht, Rechnungslegung, Besteuerung und Steuerpolitik
    • Autor von verschiedenen Aufsätzen, Kommentar- und Buchbeiträgen
    • Mehr unter: https://www.mobile-university.de/

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