Erbschaft und Schenkung von Immobilien: BFH stellt strenge Anforderungen an Gutachter

Wer den pauschalierten Bedarfswert einer Immobilie für Erbschaft- oder Schenkungsteuerzwecke als zu hoch erachtet, kommt um ein Gutachten nicht herum, auch wenn dieses teuer ist. Finanzverwaltung und Gerichtsbarkeit legen dabei Wert auf die „methodische Qualität“ des Gutachtens (vgl. BFH-Urteil vom 24.10.2017, II R 40/15) und nicht selten werden die Gutachten verworfen. Gefälligkeitsgutachten kann man sich gleich sparen.

Doch spätestens jetzt darf wohl davon ausgegangen werden, dass ein Gutachten ausschließlich dann anerkannt wird, wenn es entweder durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss oder einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erstellt worden ist, denn der BFH hat seine bereits früher geäußerte Auffassung noch einmal bestätigt (Urteil vom 5.12.2019, II R 9/18).

Soweit die Finanzverwaltung zugunsten der Steuerpflichtigen auch andere Gutachten dem Grunde nach berücksichtigt, sei dies für die Finanzgerichte nicht bindend. Der BFH verkenne nicht, dass im Einzelfall auch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen unzureichend sein kann, dass umgekehrt auch ein Gutachten eines nicht öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen fachlich beanstandungsfrei und integer sein kann. Er erachtet es jedoch für eine zulässige Typisierung, an die öffentliche Bestellung und Vereidigung eine entsprechende Vermutung zu knüpfen. Der BFH geht also über die Anforderungen der Finanzverwaltung hinaus, die eine „öffentliche Bestellung und Vereidigung“ des Gutachters bislang nicht fordert.

Hinweis:

 Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Finanzverwaltung die Rechtsprechung des BFH noch lange übergehen kann, wobei sie natürlich in einer Zwickmühle ist, denn sie muss wohl das Europarecht beachten, das wiederum einer Einschränkung auf (letztlich in Deutschland) öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige entgegenstehen könnte. Beschenkte und Erben sollten sich daher lieber gleich an einen öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter wenden als das Risiko einzugehen, dass ein Gutachten schon aus formalen Gründen zurückgewiesen wird. Zwar bieten auch Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen keine Gewähr dafür, dass diese anerkannt werden. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Finanzverwaltung die Gutachten dann nicht in Gänze verwirft, sondern an der einen oder anderen Stelle um Nachbesserung bittet und man sich am Ende des Tages auf einen Wert einigt.

Die OFD Karlsruhe hat erfreulicherweise in einem Merkblatt ausgeführt, welche Anforderungen ein Gutachten erfüllen sollte. Zwar sind in dem Merkblatt jüngere BFH-Urteil noch nicht eingearbeitet worden, dennoch kann es sich empfehlen, vor der Beauftragung eines Gutachters zu fragen, ob er die in dem Merkblatt genannten Punkte hinreichend würdigen wird.

Den Link zum Merkblatt der OFD Karlsruhe finden Sie in dem Blog-Beitrag meines Kollegen Christoph Iser: (Anforderungen des Finanzamts an ein Immobiliengutachten).

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