Erbfallkostenpauschale auch ohne Erbfallkosten – das geht!

Die Erbschaftsteuer kann mitunter recht hoch ausfallen. Besonders gilt dies, wenn die Erben nicht mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt sind. Von daher sollten Erben möglichst alle Frei- und Pauschbeträge ausnutzen. Einer dieser Beträge ist die Erbfallkostenpauschale gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG.

Zunächst gilt: Von dem Erbe, das der Erbschaftsteuer unterliegt, sind abzuziehen die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Ohne Nachweis wird für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 EUR abgezogen. Doch was gilt, wenn de facto nur 40 oder 50 Euro Erbfallkosten entstanden sind? Oder kein einziger Cent? Dürfen auch in diesem Fall 10.300 Euro abgezogen werden?

Die Antwort(en):

  • Die Finanzverwaltung will bei dermaßen geringen Kosten nur die tatsächlichen Aufwendungen von 40 oder 50 Euro anerkennen.
  • Das FG Münster hat entschieden, dass die Erbfallkostenpauschale trotz minimaler Kosten für die Abwicklung des Erbfalls anzusetzen ist (Urteil vom 24.10.2019, 3 K 3549/17 Erbk).
  • Der BFH hat – in Abkehr von der früheren Rechtsprechung – soeben entschieden: Der Abzug des Pauschbetrags setzt nicht einmal den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind (BFH-Urteil vom 1.2.2023, II R 3/20).

Der Sachverhalt:

Die Klägerin ist Nacherbin ihrer verstorbenen Tante. Vorerbe war deren Ehemann, der nur wenige Monate nach seiner Frau verstorben ist. Im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung beantragte die Klägerin die Berücksichtigung der Erbfallkostenpauschale. Sie gab u.a. an, Abwicklungskosten hinsichtlich des Nachlasses getragen zu haben. Hierzu reichte sie eine Rechnung des Amtsgerichts über 40 Euro für die Erteilung des Erbscheins und die Testamentseröffnung ein. Die Beerdigungskosten wies sie nicht nach. Das Finanzamt berücksichtigte die Erbfallkostenpauschale nicht. Allenfalls könnten die nachgewiesenen 40 Euro berücksichtigt werden. Die Klage hatte Erfolg; die Revision des Finanzamts wurde zurückgewiesen.

Begründung:

Der Gewährung des Pauschbetrages steht es nicht entgegen, dass die Klägerin nur Nacherbin war. Bei der Vor- und Nacherbschaft handelt es sich um zwei Erwerbsvorgänge, sodass die Erbfallkostenpauschale sowohl dem Vorerben als auch den Nacherben gewährt werden könne.

Der Abzug der Pauschale setzt nicht den Nachweis voraus, dass zumindest dem Grunde nach tatsächlich Kosten angefallen sind, die der Pauschbetrag erfasst. Das Gesetz geht davon aus, dass mit dem Erbanfall typischerweise entsprechende Kosten entstehen. Der Abzug der Pauschale ist nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich ohne Nachweis möglich. Ein Nachweis darüber, dass Kosten dem Grunde nach entstanden sind, würde dem Vereinfachungszweck entgegenstehen. Anderenfalls müsste der Erwerber zunächst nachweisen, dass Kosten entstanden sind, um anschließend – ohne Nachweis – die Kosten in Höhe des Pauschbetrags geltend machen zu können.

Denkanstoß:

Wie sich die Zeiten doch ändern können: Früher sah der BFH nicht den geringsten Zweifel an seiner Haltung, wonach zumindest dem Grunde nach Kosten entstanden sein müssten. So hieß es in einer Entscheidung aus dem Jahre 1990: „Nach Wortlaut und Stellung der Vorschrift kann der Betrag von 10.000 DM nur abgezogen werden, wenn dem Erwerber dem Grund nach Kosten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG 1974 entstanden sind, ihre Höhe aber nicht nachgewiesen ist.“ (vgl. (BFH-Beschluss vom 28.11.1990, II S 10/90; später auch BFH-Beschluss vom 21.1.2005, II B 6/04).

Gut, dass der BFH an dieser Auffassung ausdrücklich nicht mehr festhält.

Um Missverständnisse zu vermeiden:

  • Mehrere Erben können die Pauschale für einen Erbfall insgesamt nur einmal erhalten.
  • Sofern höhere Kosten angefallen sind, können diese selbstverständlich geltend gemacht werden, doch dann sind sie im Einzelnen nachzuweisen (R E 10.9 ErbStR).

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