Entgeltfortzahlung an Feiertagen: Günstiger, ambivalent oder neutral?

§ 12 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) hat zum Ziel, dass Arbeitnehmer auch im Krankheitsfall und an Feiertagen einen Entgeltfortzahlungsanspruch erhalten. Von den Vorschriften darf nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (mit Ausnahme von § 4 Abs. 4 TVG). Die Regelungen müssen aber nicht zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen, d.h. Regelungen der Tarifvertragsparteien sind möglich, wenn sie lediglich für den Arbeitnehmer neutral oder ambivalent sind (pauschalierende Regelungen, die nicht strukturell auf eine Benachteiligung der Arbeitnehmer abzielen).

§ 4 Abs. 3 TVG kann nicht als Maßstab für das Entgeltfortzahlungsgesetz herangezogen werden. Nach dieser Norm sind abweichende Abmachungen nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

Jüngst hat das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung zur Entgeltfortzahlung an gesetzlichen Feiertagen diesen Grundsatz bestätigt:  Ausgangspunkt in diesem Sachverhalt war die Klage einer Fachreferentin für Finanzen, die in Teilzeit beschäftigt ist. Ihr Arbeitgeber schrieb ihr gesetzliche Feiertage – unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie an diesen Tagen eine Arbeitsleistung erbracht hätte  – 3 Stunden und 54 Minuten gut (1/261 des Jahresarbeitszeitsolls).

Das Monatsentgelt zahlte die Beklagte in gleichbleibender Höhe, auch wenn die Gutschrift für die einzelnen Feiertage hinter der feiertagsbedingt ausgefallenen Arbeitszeit zurückblieb. Die Klägerin war der Ansicht, dass die nach der Regelung des einschlägigen Tarifvertrages auf 1/261 des Jahresarbeitszeitsolls beschränkte Gutschrift für Feiertage, an denen sie ohne den Feiertag zur Arbeit eingeteilt gewesen wäre, zu ihren Ungunsten von § 2 Abs. 1 EFZG abweiche und sie als Teilzeitkraft benachteilige. Die tarifliche Regelung sei insoweit nach § 12 EFZG unwirksam.

Die Klage war nicht erfolgreich. Das BAG argumentierte, dass es den Tarifvertragsparteien gestattet sei, im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit, typisierende Regelungen zu treffen. Sie dürfen sich am Regelfall orientieren und seien nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die dabei auftretenden Abweichungen und im Einzelfall möglicherweise auftretenden Härten seien einer tariflichen Pauschalierung immanent. Die Regelung  in § 12 EFZG sei bewusst anders formuliert als das Günstigkeitsvergleich-Prinzip des § 4 Abs. 3 TVG.

Fazit:
§ 12 EZFG erlaubt für die Tarifvertragsparteien den Abschluss von neutralen bzw. ambivalenten Regelungen. Der strenge Regelungsgehalt des § 4 Abs. 3 TVG (nur Änderungen zugunsten des Arbeitnehmers) ist nicht heranzuziehen.

Weitere Informationen:
BAG v. 06.12.2017 – 5 AZR 118/17

 

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