Enteignung ist kein privates Veräußerungsgeschäft

Der I. Senat des FG Münster hat in seiner Entscheidung vom 28.11.18 (1 K 71/16 E) konsequent darauf aufmerksam gemacht, dass nicht jede Veränderung des Eigentums bei privatem Grundbesitz innerhalb von 10 Jahren (§ 23 EStG) zu einer Steuerpflicht führt. Privater Steuerbesitz ist nur in Ausnahmefällen steuerpflichtig, denn privates Vermögen ist nicht generell wie betriebliches Vermögen steuerpflichtig. Es muss sich um ein Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG handeln. Somit ist eine entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsgutes auf einen anderen Rechtsträger notwendig. Der Veräußernde muss deshalb einen rechtsgeschäftlichen Willen bekunden. Dies geschieht durch einen notariell zu beurkundenden Kaufvertrag. Daran fehlt es bei einer Enteignung, denn hier wird hoheitliches Handeln durch einen Sonderungsbescheid vorgenommen, dem sich dann ein Verwaltungsverfahren anschließt, wenn der Betroffene mit dem Inhalt des Bescheides nicht einverstanden ist.

Mit guten Gründen (TZ 28 ff.) hat das FG die Steuerpflicht der Entschädigung abgelehnt. Im Ergebnis bewegt sich dieser Vorgang in der nicht steuerbaren Sphäre des Austausches von privatem Vermögen, das nur in den Grenzen des § 23 EStG steuerpflichtig wird. Der BFH hat einen derartigen Fall noch nicht entschieden. Das FG hat die Lösungsansätze gut überlegt vorgetragen, so dass dem BFH die rechtliche Lösung aufgezeichnet wurde.

Ob die zugelassene Revision durch das FA eingelegt wurde, ist zurzeit noch nicht bekannt. Vielleicht will die Verwaltung das für die Steuerpflichtigen günstige Urteil auch „nicht weiter bekannt machen“ und so weiter die (rechtswidrige) Steuerpflicht verfolgen?

Deshalb ist es notwendig, den Hintergrund einer Einnahme im privaten Immobilienbereich zu hinterfragen. Auch Beratung kann hier sinnvoll werden. Veräußert nämlich ein Steuerpflichtiger sein Grundstück im Hinblick auf einen möglichen Eingriff der Enteignung, so wäre der Tatbestand des § 23 EStG erfüllt. Er hat an der Willensentscheidung des Verkaufes mitgewirkt. Lässt er sich nicht auf einen Verkauf mittels Kaufvertrag ein, sondern wartet die Enteignung der Behörde mittels Sonderungsbescheid ab, so ist der Vorgang nicht steuerbar.

Allein der Erhalt einer „größeren Geldsumme“ begründet noch keinen Steuertatbestand (TZ 38 ff.). Vom FA ist eher zu erwarten, dass es den Vorgang in die Besteuerung aufnimmt. Gegen diesen Bescheid ist dann rechtzeitig innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Einspruch einzulegen. In älteren Steuerbescheiden ist zu prüfen, ob diese unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergangen sind. Dann kann bis zur Festsetzungsfrist noch ein Antrag auf Berichtigung gem. § 164 Abs. 2 AO gestellt werden.

Weitere Informationen:

NWB Nachrichten zum Urteil des FG Münster

 

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