In einer aktuellen Entscheidung (X R 15/18) hat sich der BFH mit der Zusammenfassung von branchenverschiedenen Betätigungen desselben Stpfl. in einem einheitlichen Gewerbebetrieb befasst. Der BFH stellt deutlich heraus, dass diese Frage nicht schematisch beantwortet werden kann. In der Konsequenz hat der BFH den streitigen Einzelfall daher auch für weitere Sachverhaltsermittlungen an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Sachverhalt
Der Kläger betrieb sowohl ein Eiscafé als auch einen Grillimbiss im selben Gebäude. Zwischen Café und Imbiss bestand keine räumliche Verbindung. Mit beiden Tätigkeiten trat der Kläger unter derselben Bezeichnung auf. Für die Außengastronomie waren zwölf Tische und 36 Stühle vorhanden, die gemeinsam genutzt wurden. Zum Betriebsvermögen des Grillimbisses gehörte ein Kfz, das auch für Zwecke des Eiscafés genutzt wurde. Ein Teil der Wareneinkäufe wurde für beide Betätigungen gemeinsam vorgenommen. Einige Mitarbeiter des Klägers kamen für beide Betätigungen zum Einsatz. Anlässlich eines Stadtfestes erhielten Kunden, die im Grillimbiss ein bestimmtes Gericht bestellten, einen Gutschein für eine Kugel Eis, der im Eiscafé einzulösen war.
Der Kläger behandelte die Betriebsteile in der Gewerbesteuererklärung als einheitlichen Gewerbebetrieb und erreichte dadurch den Ausgleich der laufenden Verluste aus dem Eiscafé mit den Gewinnen des Grillimbisses. Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, der Kläger sei Inhaber zweier getrennter Betriebe.
Drei Jahre nach dem streitigen Erhebungszeitraum übergab der Kläger das Eiscafé seinem Sohn und ein weiteres Jahr später den Grillimbiss seiner Schwiegertochter. Das Finanzgericht hatte die spätere Übergabe der Betriebe an unterschiedliche Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten zwar nicht als streitentscheidend, aber als Indiz für die Eigenständigkeit der beiden Betriebe herangezogen.
Entscheidung des BFH
In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BFH ungleichartige Betätigungen derselben natürlichen Person regelmäßig als selbständige Gewerbebetrieb, gleichartige Betätigungen in einem einheitlichen Gesamtbetrieb erfasst. Von dieser deutlichen Zweiteilung wendet der BFH sich ein Stück weit ab. Danach soll die Entscheidung zwischen zwei selbständigen Gewerbebetrieben und einem einheitlichen Gesamtbetrieb fließender getroffen werden – in Abhängigkeit vom zunehmenden Grad der Verschiedenartigkeit der Betätigungen. Zumal die Entscheidung zwischen gleichartiger und verschiedener Betätigung nicht immer einfach und eindeutig ist. Dies zeigt gerade der Urteilsfall: Eiscafé und Imbiss sind beide im Oberbegriff „Gastronomie“ erfasst, aber stehen wegen des verschiedenen Getränke- und Speisenangebots und ggf. auch saisonal bedingt nicht in unmittelbarer Konkurrenz um Gäste. Eiscafé und Imbiss sind demnach weder (vollkommen) gleichartige noch (vollkommen) ungleichartige Betätigungen.
Der BFH weist darauf hin, dass in der Vergangenheit gerade bei der Beurteilung zweier Tätigkeiten aus dem Bereich der Gastronomie, bei Vorliegen eines gewissen Zusammenhangs häufig ein einheitlicher Gewerbebetrieb angenommen wurde. So wurden Hotel und Gaststätte, Bäckerei und Fleischerei (Beispiel in R 2.4 Abs. 1 Satz 3 GewStR) als jeweils gleichartig betrachtet. Der BFH hatte hier darauf abgestellt, dass jeweils Speisen und Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle angeboten würden. In einem solchen Fall genüge es bereits, wenn eine organisatorische Verflechtung bestehe. Zum Umfang einer organisatorischen Verflechtung von Eiscafé und Imbiss im Streitfall hatte die Vorinstanz aber keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen.
Würdigung
Bei der Frage, ob mehrere selbständige Gewerbebetriebe oder ein einheitlicher Gesamtbetrieb des Einzelunternehmers bestehen, gibt es verschiedene Interessenlagen. Vorliegend begehrte der Kläger die Zusammenfassung zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb, da nur so gewerbesteuerlich ein Ausgleich von Gewinnen und Verlusten der Unternehmensteile möglich war. Werden alle Unternehmensteile hingegen mit Gewinn betrieben, wird regelmäßig die Trennung in selbständige Gewerbebetriebe angestrebt, um den Freibetrag von 24.500 € mehrfach nutzen zu können (vgl. zuletzt zu mehreren Tankstellen desselben Pächters). Zudem kann durch die getrennte Erfassung als Einzelgewerbebetriebe das Überschreiten der Betriebsgrößenmerkmale für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen nach § 7g EStG vermieden werden.
Für den streitigen Einzelfall muss das FG Münster im zweiten Rechtsgang weitere Ermittlungen zum Sachverhalt treffen. Hierzu gibt der BFH deutliche Hinweise, welche die Entscheidung meines Erachtens bereits vorwegnehmen: In der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes sind „Imbissstuben“ und „Eissalons“ in dieselbe Gewerbeklasse (56.10) eingeordnet. Danach spricht vieles dafür gleichartige Betriebe anzunehmen. Insoweit ist wegen der räumlichen Nähe von Eiscafé und Imbiss im Streitfall und der – wenn auch nur geringen – organisatorischen Zusammenhänge eine Zusammenfassung in einem einheitlichen Gewerbebetrieb kaum zu vermeiden. Diese hatte der Kläger Im Streitfall aber ohnehin angestrebt.
Wichtig: Für den zweiten Rechtsgang bringt der BFH noch eine dritte Möglichkeit ins Spiel, welche im bisherigen Verfahren nicht geprüft wurde. Gewerbesteuerrechtlich gibt es nicht nur die Möglichkeit des einheitlichen Betriebs oder der vollkommen getrennten Betriebe, sondern es ist auch ein aus mehreren Teilbetrieben bestehender einheitlicher Steuergegenstand denkbar. Für den Kläger wäre bei diesem Ergebnis trotzdem die angestrebte Ergebnisverrechnung zwischen des Betriebsteilen eröffnet.
Weitere Informationen:
BFH-Urteil vom 17.06.2020, X R 15/18